Sitzblockaden von Klimaaktivist:innen sind bzw. waren in den letzten Jahren ein international weit verbreitetes Phänomen. Während in rechtsvergleichender Perspektive vor allem die Frage nach einer Straffreistellung – „climate necessity defence“ – thematisiert wird, spielt die einer Straffreistellung vorgelagerte Frage, welche Straftatbestände bei entsprechenden Blockadeaktionen eigentlich einschlägig sind, eine geringe Rolle. Ausgehend von der deutschen Rechtslage und dem durchaus speziellen Gewaltbegriff des Nötigungstatbestands, wird in diesem Beitrag in einem kursorischen Rechtsvergleich untersucht, ob und wenn ja nach welchen Tatbeständen (passive) Sitzblockaden in ausgewählten anderen (europäischen) Rechtsordnungen unter Strafe gestellt sind.
A. Einleitung
Sitzblockaden von Klimaaktivist:innen – weitläufig auch bezeichnet als „climate disobedience“[1] – sind bzw. waren in den letzten Jahren ein international weit verbreitetes Phänomen. Oftmals wurde und wird das Strafrecht gegen diese Blockaden in Stellung gebracht. Im Hinblick auf die strafrechtliche Verfolgung der Teilnehmer:innen dieser Blockadeaktionen konzentriert sich das Schrifttum vor allem auf Fragen der Recht-
fertigung bzw. Entschuldigung. Dies gilt auch für die wenigen rechtsvergleichenden Zugriffe, die sich ebenfalls mit Fragen der Straffreistellung – „climate necessity defence“ – befassen.[2]
Aus rechtsvergleichender Perspektive weitaus weniger thematisiert wird die einer Straffreistellung vorgelagerte Frage, welche Straftatbestände bei entsprechenden Blockadeaktionen eigentlich einschlägig sind, das heißt, wie – und nochmals vorgelagert auch: ob – sie kriminalisiert sind. Im deutschen Strafrecht steht der Tatbestand der Nötigung im Zentrum der Praxis und der Diskussion: Blockadeaktionen werden unter den Gewaltbegriff des § 240 StGB subsumiert. Dabei ist der Gewaltbegriff der Nötigung schon aufgrund seiner bekannten historischen Entwicklung in der Rechtsprechung, die noch zu skizzieren sein wird, durchaus speziell. Jedenfalls mit Blick auf den zwischenzeitlich vertretenen „vergeistigten Gewaltbegriff“, aber gleichsam auch die „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“, wird klar, dass dieser Gewaltbegriff der „Kipppunkt“ ist, der aus passiven Sitzblockaden jedenfalls im strafrechtlich-normativen Sinn violent resistance macht. Dies strahlt wiederum auf die außerstrafrechtliche Diskussion aus, über den strafrechtlichen Gewaltbegriff werden Straßenblockaden auch in der öffentlichen Debatte als gewalttätig verstanden.[3]
Angesichts der historischen Entwicklung und der Spezifika des Gewaltbegriffs der Nötigung im deutschen Strafrecht drängt sich die Frage auf, wie in anderen Strafrechtsordnungen mit vergleichbaren Blockadeaktionen umgegangen wird. Werden auch hier passive Straßenblockaden strafrechtlich als Gewalt verstanden? In diesem Beitrag soll hierzu ein erster Überblick gegeben werden, mittels einer Auswahl an Strafrechtsordnungen, die uns für diese Frage interessant erschien, entweder, weil Klimaproteste in der Strafrechtspraxis und der strafrechtswissenschaftlichen Diskussion ebenfalls ein Thema waren und/oder sich unserer Auffassung nach die Rechtslage angesichts der Unterschiedlichkeit zum deutschen Strafrecht besonders anbot.
Es wird sich zeigen, dass die Grenzlinie zwischen violent und non-violent resistance unterschiedlich gezogen wird und der deutsche Ansatz mit dem Gewaltbegriff des § 240 StGB im Vergleich besonders scharf erscheint. Gleichzeitig werden in jenen Staaten, in denen Straßenblockaden als non-violent resistance angesehen werden und bei denen keine oder weniger scharfe Straftatbestände zur Anwendung kommen, neue Straftatbestände zur Kriminalisierung von Blockadeaktionen eingeführt bzw. wird deren Schaffung jedenfalls diskutiert.
Vor der rechtsvergleichenden Skizze ist jedoch eine – hier freilich nur sehr kursorische – Begriffsannährung angezeigt.
B. Begriffsannäherung: ziviler Ungehorsam und gewaltloser Widerstand
Ausgangspunkt der begrifflichen Annäherung ist der „zivile Ungehorsam“.[4] Der amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau (1817–1862) gilt als derjenige, der den Begriff des „zivilen Ungehorsams“ nach heutigem Verständnis geprägt hat, als er 1849 einen Essay mit dem Titel „Civil Disobedience“ veröffentlichte.[5] Thoreau rechtfertigte darin die Weigerung, seinen Steuerpflichten nachzukommen, mit seiner Ablehnung gegenüber der Sklaverei und dem Mexikokrieg stellte ein Handeln im Einklang mit dem eigenen Gewissen also über die Einhaltung gesetzlicher Pflichten.[6] Der Fall Thoreaus lässt bereits ein zentrales Wesensmerkmal des zivilen Ungehorsams erkennen, das als kleinster gemeinsamer Nenner allen heutigen Definitionsansätzen zugrunde liegt, nämlich der bewusste Verstoß gegen eine gesetzliche Pflicht aus Gewissensgründen. Über weitere Merkmale und Legitimität des gewissensbedingten Gesetzesverstoßes hingegen herrscht Uneinigkeit: Ist es legitim, Gesetze zu brechen, die in keinem inneren Zusammenhang mit dem eigentlichen Anliegen stehen?[7] Und sollten Gewissensgründe, hier im Wesentlichen verstanden als subjektive Gerechtigkeitsüberzeugungen, unter
demokratietheoretischen Erwägungen überhaupt zum Maßstab für politisches Handeln gemacht werden können?[8]
Begrifflich kann der „zivile Ungehorsam“ („civil disobedience“) dabei vom „gewaltlosen Widerstand“ („non-violent resistance“) unterschieden werden, wobei das Verhältnis beider Phänomene zueinander unklar ist. Gelegentlich wird der zivile Ungehorsam als „eigenständige Spielart des Widerstandes“[9] angesehen; an anderer Stelle werden die Begrifflichkeiten mehr oder weniger gleichgesetzt.[10] Bei Gandhi hingegen findet sich gar der Begriff des „zivilen Widerstandes“,[11] der die semantischen Grenzen gänzlich aufhebt. Ohne eine Klärung der Problematik zu beanspruchen, liegt dem vorliegenden Text ein Verständnis von „zivilem Ungehorsam“ als herausgehobene, gleichsam „typische“ Ausprägung gewaltfreien Widerstands zugrunde, da ziviler Ungehorsam nach der hier gebrauchten Definition stets Gewaltlosigkeit bedingt.
Die Kontroverse um das Phänomen des zivilen Ungehorsams berührt im Kern das Verhältnis von Legalität und Legitimität. Der vorliegende Beitrag fokussiert sich daher auf den zivilen Ungehorsam bzw. gewaltlosen Widerstand als Protestform im Rechtsstaat, dessen Gesetze demokratisch legitimiert sind und der grundsätzlich legale Möglichkeiten bereithält, gegen empfundene Missstände anzugehen. Nur deshalb verlangt ein gewissensbedingter Gesetzesbruch, der legale Protestformen bewusst ignoriert, eine besondere Legitimierung. In nicht-rechtsstaatlichen Ordnungen hingegen, in denen legales Protesthandeln von Vornherein nicht zulässig ist, entfällt die besondere Begründungsbedürftigkeit mangels legaler Protestalternative; das Spannungsfeld aus Vereinbarkeit des Ungehorsams mit dem demokratischen Rechtsstaat, das die Vorbedingung der einschlägigen Legitimationsprobleme dieser Protestform ist, besteht nicht.[12] Gelegentlich wird angeführt, dass ein Gesetzesbruch im demokratischen Rechtsstaat nie legitim sein könne, weil es stets legale Pro-
testmöglichkeiten gebe; andernfalls bestünde die Gefahr, dass eine aktive Minderheit ihre ethisch-moralischen Überzeugungen einer trägen Mehrheit aufdränge.[13] Überwiegend jedoch wird ziviler Ungehorsam zwar als illegale, unter bestimmten Voraussetzungen gleichwohl legitime Protestform im Rechtsstaat anerkannt.[14]
Anknüpfend an John Rawls „Theorie der Gerechtigkeit“ hat Jürgen Habermas Anfang der 1980er Jahre eine entsprechende Definition vorgeschlagen, die hier als Ausgangspunkt dienen soll: „Ziviler Ungehorsam ist ein moralisch begründeter Protest, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Eigeninteressen zugrunde liegen dürfen; er ist ein öffentlicher Akt, der in der Regel angekündigt ist und von der Polizei in seinem Ablauf kalkuliert werden kann; er schließt die vorsätzliche Verletzung einzelner Rechtsnormen ein, ohne den Gehorsam gegenüber der Rechtsordnung im Ganzen zu affizieren; er verlangt die Bereitschaft, für die rechtlichen Folgen der Normverletzung einzustehen; die Regelverletzung, in der sich ziviler Ungehorsam äußert, hat ausschließlich symbolischen Charakter – daraus ergibt sich schon die Begrenzung auf gewaltfreie Mittel des Protests.“[15] Nach Habermas‘ Begriffsverständnis lässt sich Ungehorsam gegenüber dem Gesetz also dann als „zivil“ und damit als „legitim“ qualifizieren, wenn es sich um einen gewaltlosen und gewissensbestimmten Gesetzesbruch handelt, für den die handelnde Person bereit ist, die rechtlichen Konsequenzen zu tragen.
Entscheidend ist freilich nun die Frage, was unter „Gewaltlosigkeit“ zu verstehen ist. Bei Habermas ist der Gewaltbegriff eher unscharf;[16] und auch darüber hinaus ist die Frage nach der Gewaltförmigkeit passiven Protests – also auch Straßenblockaden, bei denen es nicht zu Angriffen auf die körperliche Integrität oder das Eigentum Dritter kommt – seit jeher höchst umstritten. Im deutschen Diskurs zur Gewaltförmigkeit des
zivilen Ungehorsam wird dabei regelmäßig auf die (straf-) juristische Debatte und den Gewaltbegriff des Nötigungstatbestands – dazu sogleich – Bezug genommen. So entsteht jedoch die Gefahr der Begriffsverengung und einer gewissen zirkulären Argumentation, die die Grenzen der Disziplinen verschwimmen lässt.[17]
Ohne dies weiter vertiefen zu können, wird im Folgenden nun aus rechtvergleichender Perspektive untersucht, wie das Strafrecht mit Protestformen umgeht, die passiv und damit prima facie zivil und gemeinhin gewaltlos sind, es jedenfalls nicht zu körperlichen Gewalttätigkeiten oder Sachbeschädigungen kommt.
C. Rechtsvergleichende Perspektive
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die deutsche Rechtslage. Die hier vertretene These ist: Es lässt sich vermuten, dass der in der Rechtsprechung vertretene strafrechtliche Gewaltbegriff des Nötigungstatbestands schon aufgrund seiner historischen Entwicklung derart speziell ist, dass es sich lohnt, mit spezifischem Fokus insbesondere auf die Blockadeaktionen zu untersuchen, ob ähnliche Gewaltdefinitionen in den Strafrechtsordnungen anderer Staaten vertreten werden, und – sollte dem nicht so sein – wie das Strafrecht dieser Staaten mit derartigen Protestformen umgeht.
I. Ausgangspunkt: Die Rechtslage in Deutschland
Das deutsche Strafgesetzbuch erfasst die Strafbarkeit von Straßenblockaden nicht als eigenes Delikt, allerdings kommt regelmäßig eine Strafbarkeit wegen Nötigung gemäß § 240 StGB[18] in Betracht. Dogmatischer Anknüpfungspunkt ist dabei die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Gewalt.[19] In den letzten sechs Jahrzehnten hat sich die höchstrich-
terliche Rechtsprechung immer weiter von der ursprünglichen Definition entfernt, die unter Gewalt „allein eine physische Einwirkung des Täters auf das Opfer, die bei diesem als physischer Zwang wirkt“, verstand. Nicht nur verlor die Voraussetzung der vom Täter aufzuwendenden Kraft immer weiter an Bedeutung, sondern auch das Erfordernis der körperlichen Zwangswirkung beim Opfer.[20] Im Ergebnis unverändert vertritt die Rechtsprechung damit seit Jahrzehnten – lediglich mit wechselnder dogmatischer Begründung – die Position, dass auch rein passives Verhalten Gewalt sein kann, sofern damit eine Zwangswirkung beim Opfer eintritt. Damit – und mit der skizzierten Voraussetzung der Gewaltlosigkeit des zivilen Ungehorsams – wird deutlich, dass das strafrechtlich-normative Verständnis von Gewalt einen definitorischen Kipppunkt darstellt.
Das sogenannte „Laepple-Urteil“[21] des Bundesgerichtshofs von 1969 markiert den Beginn dieser extensiven Auslegung des Gewaltbegriffs: Um gegen geplante Fahrpreiserhöhungen der Kölner Verkehrsbetriebe zu protestieren, hatte Klaus Laepple als AStA-Vorsitzender der Universität zu Köln 1966 Schienenabschnitte des Kölner Straßenbahnnetzes blockiert. Der BGH sah darin den Tatbestand der Nötigung aufgrund von Gewaltanwendung mittels „psychischen Zwangs“ als erfüllt an, hob den Freispruch des Landgerichts Wuppertal auf und verwies den Fall zurück. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, löste sich der BGH von der bis dahin zugrunde gelegten Definition von Gewalt, die den „unmittelbaren Einsatz körperlicher Kräfte“ voraussetzte und stellte fest, dass es ausreiche, dass der Täter „mit geringem Kraftaufwand einen psychisch determinierten Prozeß“ beim Opfer in Gang setzte, es für eine Nötigungsstrafbarkeit folglich auf „das Gewicht der psychischen Einwirkung“ ankomme. Auf Grundlage dieses sogenannten „vergeistigten Gewaltbegriffs“ dehnte sich der Anwendungsbereich des Nötigungstatbestands erheblich aus.[22]
Diese Auslegung des Gewaltbegriffs wurde in der Literatur von jeher kontrovers diskutiert.[23] Tatsächlich aber ließ auch die Rechtsprechung keine eindeutige Linie erkennen; so berücksichtigten diverse Entscheidungen in der Folgezeit weiterhin, ob eine physische Zwangswirkung
beim Opfer eingetreten war.[24] Als in den 1980er Jahren Blockaden von Zugstrecken durch die Anti-Atom-Bewegung erneut die Frage nach der (Nötigungs-)Strafbarkeit von Straßen- bzw. Schienenblockaden aufwarfen, ließen Stimmen in der Literatur mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der extensiven Auslegung laut werden; anders als erhofft brachte das „Mutlangen-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts von 1986 wegen Stimmengleichheit im Senat jedoch keine Klärung in der Frage.[25]
Eine Korrektur dieser Linie erfolgte erst mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1995, das die Unvereinbarkeit der „vergeistigten“ Auslegung mit dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG feststellte.[26] Zur Begründung führte der Senat aus: „Der Begriff der Gewalt, der im allgemeinen Sprachgebrauch mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird, muß hier im Zusammenhang des Normgefüges verstanden werden. Der Gesetzgeber wollte in § 240 StGB nicht jede Zwangseinwirkung auf den Willen Dritter unter Strafe stellen. […] Da die Ausübung von Zwang auf den Willen Dritter bereits im Begriff der Nötigung enthalten ist und die Benennung bestimmter Nötigungsmittel in § 240 Abs. 2 StGB die Funktion hat, innerhalb der Gesamtheit denkbarer Nötigungen die strafwürdigen einzugrenzen, kann die Gewalt nicht mit dem Zwang zusammenfallen, sondern muß über diesen hinausgehen. Deswegen verband sich mit dem Mittel der Gewalt im Unterschied zur Drohung von Anfang an die Vorstellung einer körperlichen Kraftentfaltung auf Seiten des Täters. Zwangseinwirkungen, die nicht auf dem Einsatz körperlicher Kraft, sondern auf geistig-seelischem Einfluß beruhen, erfüllen unter Umständen die Tatbestandsalternative der Drohung, nicht jedoch die der Gewaltanwendung.“[27]
Eine rein psychische Zwangswirkung reicht für eine Nötigungsstrafbarkeit seitdem zwar nicht mehr aus. Viel geändert hat sich im Ergebnis aber trotzdem nicht: Teilnehmende von Sitzblockaden können grundsätzlich nach wie vor wegen Nötigung bestraft werden, bloß stützt sich die Rechtsprechung nun auf eine andere Begründung, bemüht nämlich die Figur der mittelbaren Täterschaft („Zweite-Reihe-Rechtsprechung“). Hindere
das Sitzen auf der Straße Fahrzeuge am Passieren, übten die Teilnehmenden der Sitzblockade zwar nur psychischen Zwang in Bezug auf die zunächst ankommenden Fahrzeuge aus, in Bezug auf die sich darauf stauenden Fahrzeuge jedoch liege – grundsätzlich tatbestandsmäßig – physischer Zwang vor. Wegen „Instrumentalisierung“ der ersten Fahrzeugreihe gegen die nachkommenden Fahrzeuge könne eine Nötigung in mittelbarer Täterschaft regelmäßig zu bejahen sein.[28]
Da nach (vom Bundesverfassungsgericht bestätigter[29]) Auffassung des BGH „auch geringer körperlicher Aufwand – dazu gehören das Sich-Hinsetzen oder das Sich-auf-die-Fahrbahn-Begeben – den Anforderungen an den Gewaltbegriff genügen kann, wenn seine Auswirkungen den Bereich des rein Psychischen verlassen und (auch) physisch wirkend sich als körperlicher Zwang darstellen,“[30] sind die Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Gewalt trotz Abkehr vom „vergeistigten Gewaltbegriff“ nach wie vor gering; rein passives Verhalten kann, sofern es als „physisch wirkender Zwang“ beim Opfer darstellt, dem Gewaltbegriff unterfallen.
Es erweitert die Komplexität dieser dogmatischen Konstruktion, dass die Rechtsprechung bei der Frage nach der Strafbarkeit einer Blockade außerdem danach unterscheidet, ob die Demonstrierenden durch schlichtes „Loslassen“ das Hindernis beseitigen können oder sich fest mit der Umgebung verbunden haben: „Gewalt im Sinne des § 240 StGB übt im Rahmen einer Blockadeaktion nur derjenige aus, der durch eine körperliche Kraftentfaltung einen körperlich wirkenden Zwang auf sein Opfer ausübt. An einer solchen körperlichen Zwangswirkung fehlt es, wenn der Täter über seinen eigenen Körper hinaus kein physisch wirkendes Hindernis schafft, sondern sich jederzeit selbst durch einfaches Loslassen befreien kann.“[31]
Auf Grundlage dieser Rechtsprechung kam es auch in jüngerer Vergangenheit mitunter zu Verurteilungen von Teilnehmenden von Straßenblockaden.[32] Mitglieder der „Letzten Generation“ hatten sich im laufenden
Verkehr auf den Straßen deutscher Großstädte gesetzt, dort mit Sekundenkleber festgeklebt und so eine Serie von Straßenblockaden verursacht, um gegen die Klimapolitik der Bundesregierung zu protestieren; die anschließenden Verurteilungen von Aktivist:innen ließen die Diskussion um die Gewalttätigkeit, Strafbarkeit und auch die Strafwürdigkeit von Blockadeaktionen erneut aufbranden. Angesichts der wiederkehrenden Kontroverse richtet sich das Augenmerk folgend auf andere europäische Rechtsordnungen, um die rechtliche Bewertung von Blockadeaktionen dort näher in den Fokus zu nehmen.
II. Zur Rechtslage in Österreich
Anders als in Deutschland gestaltet sich die Rechtslage in Österreich: Die österreichische Rechtsprechung legt den Gewaltbegriff – ähnlich wie das deutsche RG und der frühe BGH[33] – restriktiv aus und nimmt Gewalt nur bei „Einsatz nicht unerheblicher physischer Kraft zur Überwindung eines wirklichen oder erwarteten Widerstands“ an (sog. Körperlichkeitstheorie).[34] Passives Verhalten wie etwa das bloße „Rumsitzen“ oder auch das Sich-Festkleben auf der Straße gilt danach nicht als Gewalt, fehlt aufgrund der Passivität doch in aller Regel die zentrale Voraussetzung des „nicht unerheblichen Krafteinsatzes“. Auch wenn sich der Wortlaut des deutschen § 240 StGB und des österreichischen § 105 StGB[35] annähernd decken und die beiden Tatbestände im Wesentlichen die gleichen Merkmale beinhalten, bedeutet diese restriktive Tatbestandsauslegung für Teilnehmende von Blockadeaktionen, dass eine Strafbarkeit wegen Nötigung grundsätzlich nicht in Betracht kommt.
Gleichwohl gibt es in der österreichischen Rechtsprechung vereinzelt Abweichungen von dieser Auslegungspraxis.[36] Einzelne Entscheidungen nahmen für den Fall eines quergestellten Kraftfahrzeugs, dessen Fahrer einen Lastkraftwagen zum Anhalten bewegen wollte, eine Nötigung an mit der Begründung, dass die Bewegung des Kraftfahrzeugs durch den Fahrer mit einer „kinetischen Energie verbunden [sei], welche ihre zerstörerische Wirkung dann entfaltet, wenn ihr eine entsprechende Masse
entgegengestellt“ werde.[37] Nicht nur stößt diese weite Interpretation des Gewaltbegriffs in der österreichischen Literatur auf Kritik; für den Regelfall auch der jüngsten Blockadeaktionen, in denen die Demonstrierenden keine Gegenstände, sondern ihren eigenen Körper als „Hindernis“ einsetzen, ist sie mangels „entsprechender Masse“ ohne Belang. In Österreich gilt damit nach wie vor die Devise: Widerstand kann passiv sein, Gewalt nicht.[38]
Kriminalstrafen kommen in Österreich demnach grundsätzlich nicht in Betracht, wenn es um die rechtliche Ahndung von Blockadeaktionen geht. Möglich sind jedoch Verwaltungsstrafen, etwa nach Vorschriften des Straßenverkehrsrechts und des Versammlungsrechts, etwa über § 81 Abs. 1 SP, § 76 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 lit. d StVO oder §§ 14, 19 VersG, die sich zumeist in Geldstrafen erschöpfen.[39] Auch wenn aus Teilen der österreichischen Politik gelegentlich Rufe nach einer Verschärfung der rechtlichen Konsequenzen laut werden,[40] zeichnen sich ernsthafte Bestrebungen mit dem Ziel einer Kriminalisierung von Straßenblockaden bislang nicht ab.
III. Zur Rechtslage in Frankreich
Blockadeaktionen gehören in Frankreich seit Jahrzehnten zum Reservoir ziviler Protestformen. In den letzten Jahren sorgten insbesondere die gilets jaunes (die sog. „Gelbwesten“) für mediale Aufmerksamkeit, als sie aus Ärger über die gestiegenen Benzinpreise Zufahrtsstraßen zu Einkaufszentren und Kreisverkehre im ganzen Land blockierten und von französischen Gerichten mit Geld- und Bewährungsstrafen belegt wurden. Ähnliche rechtliche Konsequenzen drohen nun auch den Teilnehmenden von Klima-Protesten, insbesondere von Gruppierungen wie Dernière Génération („Letzte Generation“), die nach dem gleichen Vorgehen wie in Deutschland seit 2022 eine Serie von Straßenblockaden verursachten und so erneut die öffentliche Debatte über um die Legalität der Straßenblockaden belebten.
Anders als in Deutschland findet sich in Frankreich aber keine Strafvorschrift, die in der Entsprechung zum deutschen Strafgesetzbuch, dem Code pénal, eine Sanktionierung von Blockadeaktionen ermöglicht; maßgeblich für die Justiziabilität solcher Blockaden ist stattdessen der Code de la route – sozusagen die französische Straßenverkehrsordnung – , der straf- und verwaltungsrechtliche Vorschriften zu den allgemeinen Verkehrsregeln enthält. Gemäß Artikel L412-1 des Code de la route[41] wird wegen Entrave à la circulation („Behinderung des Straßenverkehrs“) mit „bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe und 4500 € bestraft, wer auf einer öffentlichen Straße einen Gegenstand, der die Durchfahrt von Fahrzeugen behindert, platziert oder zu platzieren versucht, oder irgendein Mittel verwendet oder zu verwenden versucht, um den Verkehr zu behindern.“Die Vorschrift findet nach französischer Rechtsprechung auch dann Anwendung, wenn sich – wie in den Fällen der Dernière Génération geschehen – die Demonstrierenden auf die Straße setzen und sich sozusagen selbst als „Mittel“ verwenden, um den Verkehr zu behindern.Neben der drohenden Freiheits- und Geldstrafe sind weitere Rechtsfolgen wie Entziehung der Fahrerlaubnis von bis zu drei Jahren und Einträge im Punkteregister nicht ausgeschlossen. Neben dem Code de la route besteht außerdem die Möglichkeit, wegen der Nichtanmeldung der Demonstration belangt zu werden, Artikel 431-9 des Code pénal; speziell für die Aktionen der „Letzten Generation“ war aber überwiegend die straßenverkehrsrechtliche Ahndung einschlägig.
Ähnlich wie in Deutschland führen Demonstrierende vor Gericht an, dass die Blockade auf Grundlage der Grundrechte der Meinungsfreiheit bzw. der Versammlungsfreiheit nicht strafrechtlich geahndet werden könne. Tatsächlich hat der Pariser Cour d’appel im Juni 2024 eine aktivistische Gruppe mit der Argumentation freigesprochen.[42] Ob sich diese Ansicht in der französischen Rechtsprechung durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.
Gleichzeitig scheinen in Frankreich verstärkt auch administrative Rechtsinstrumente genutzt zu werden, um Teile des Klimaprotests zu unterdrücken. Eine derartige Verschiebung der rechtlichen Adressie-
rung von bestimmten Phänomenen aus dem Strafrecht in das administrative Recht ist in Frankreich beispielsweise auch in der Terrorismusbekämpfung zu sehen.[43]
IV. Zur Rechtslage in England und Wales
Auch im Vereinigten Königreich werden reine Blockadeaktionen nicht als Gewalt angesehen. Entsprechend waren Straftatbestände, die Formen des gewalttätigen Protests unter Strafe stellen, nicht einschlägig. Anwendbar waren hingegen unter bestimmten Voraussetzungen auch hier Tatbestände des Highway Acts 1980 oder auch des Road Traffic Acts 1988.
Mit dem Ziel, diese Lücken zu schließen und die spezifischen Protestformen der Klimaaktivist:innen – wie das Blockieren von Straßen oder das Festkleben an Gebäuden oder Fahrzeugen – zu erfassen, wurden in jüngerer Zeit eine Reihe neuer Straftatbestände eingeführt. So trat im Mai 2023 der Public Order Act 2023 in Kraft, der unter anderem das „locking-on“ als Protestform unter Strafe stellt (Rechtsfolge: bis zu 51 Wochen Freiheitsstrafe).[44] Die „offence of locking on“ greift dann, wenn sich eine Person mit einer anderen Person, einem Gegenstand oder Land verbindet („attach themselves to another person, to an object or to land“) und dies zu einer ernsthaften Störung („serious disruption“) für zwei oder mehrere Personen oder eine Organisation führt bzw. die Handlung zu einer solchen Störung geeignet ist. Diese ernsthafte Störung muss beabsichtigt oder jedenfalls fahrlässig (reckless) verursacht worden sein. Im Vorfeld dieser Straftat ist bereits unter Strafe gestellt, wenn eine Person einen Gegenstand – in der öffentlichen Diskussion werden u.a. genannt Kleber, Fahrradschlösser, Tape, Seile – mit sich führt, in der Absicht, dass dieser von irgendeiner Person für das „locking-on“ verwendet werden könnte („offence of being equipped for locking on“) (Rechtsfolge: Geldstrafe). Ebenfalls unter Strafe gestellt wird das Behindern oder Blockieren der Verkehrsinfrastruktur, die eine ersthafte Störung zur Folge
hat. Ernsthafte Störung („serious disruption“) wird dabei legaldefiniert als die physische Behinderung, die es verhindert oder mehr als nur in geringem Maße beeinträchtigt, dass Personen oder Organisationen ihren täglichen Aktivitäten – inklusive einer Fortbewegungs- bzw. Reisetätigkeit – nachgehen.[45]
Damit wurde vom Strafgesetzgeber explizit auf „störende“ Protestformen, wie jene der Klimaaktivist:innen reagiert.[46] Das Gesetz sieht eine Straffreistellung (defense) vor, sofern ein triftiger Grund („reasonable excuse“) für die Tat vorgelegt werden kann, wobei die Beweislast beim Angeklagten liegt.[47] Was unter einer solchen „reasonable excuse“ zu verstehen ist, ist unklar. Das Gesetz, inklusive seiner extremen Vorfeldverlagerung, wurde und wird stark kritisiert, nicht zuletzt wegen seines „chilling effect“ bei non-violent protests und Eingriffen in die Versammlungsfreiheit (freedom to protest).[48]
D. Schlussbemerkungen
Dieser kursorische Rechtsvergleich zeigt, dass der deutsche Gewaltbegriff im Strafrecht – genauer: im Nötigungstatbestand – jedenfalls im Kreis der untersuchten Strafrechtsordnungen von deren Verständnis abweicht. In anderen Staaten als gewaltlos verstandener Protest wird in Deutschland unter als im Sinne des Nötigungstatbestands gewalttätiger Widerstand kriminalisiert. Die Grenzziehung und der Übergang von gewaltlosem zu gewalttätigem Widerstand findet in Deutschland damit
über das Strafrecht statt und beeinflusst so die außerstrafrechtliche Debatte.
In anderen Staaten wird die Trennlinie zwischen gewaltfreiem und gewalttätigem Protest hingegen schärfer gezogen und auch strafrechtlich aufrecht erhalten. Entsprechend greifen hier allenfalls andere Straftatbestände, insbesondere Regelungen des Straßenverkehrsrechts. Gezeigt hat sich jedoch zugleich, dass in den anderen Staaten diese strafrechtliche Situation als unbefriedigend empfunden wurde bzw. wird. Dies gilt vor allem für das Vereinigte Königreich und mit Abstrichen auch für Österreich. Im protesterprobten Frankreich scheint das Strafrecht unverändert, stattdessen wurde auf administrative Rechtsinstrumente zurückgegriffen. Und während in Österreich eine an die deutsche Rechtslage angelehnte Änderung der Auslegung des Gewaltbegriffs diskutiert wird, hat in England/Wales – gerade mit Blick auf Klimaproteste – eine ganz erhebliche Kriminalisierung von weiterhin als non-violent angesehen Protestformen stattgefunden.
Julia Geneuss ist Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Potsdam, Kontakt: julia.geneuss@uni-potsdam.de;
Cora Wegemund ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Rechtsvergleichung sowie Doktorandin an der Universität Potsdam, Kontakt: cora.wegemund@uni-potsdam.de.
[1] Vgl. nur Mégret/Khodry „We Want to Live!“ Climate Change and the Limits of Civil Disobedience, Georgetown Environmental Law Review 35 (2022), 155 ff.
[2] Vgl. bspw. Coca‑Vila Punishing the Last Citizens? On the Climate Necessity Defence, Res Publica 30 (2024), 567 ff.
[3] Hierzu Zoll/Schäfer, Ziviler Ungehorsam – Eine philosophische Reflexion, Stimmen der Zeit 2023, 643 ff., 646 („Eine solche Rechtspraxis ist problematisch, da sie Straßenblockaden als Gewaltnötigung interpretiert und durch diese Benennung einer (Medien-)Öffentlichkeit vermittelt, jene Aktionen der Letzten Generation als legitime Protestmittel dem Begriff des zivilen Ungehorsams, welcher sich auf gewaltfreie Mittel beschränkt, entziehen zu können.“).
[4] Zur begrifflichen Klärung Keller, „Klimaterrorismus“ oder ziviler Ungehorsam? Eine Begriffsklärung, sui generis 2024, 123 ff.
[5] Thoreau, Civil Disobedience, 1849. Im Deutschen lautet der Titel: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegenüber dem Staat.
[6] Stratenwerth in: Oswald (Hrsg.), Macht und Recht. Festschrift für Heinrich Popitz zum 65. Geburtstag, 1990, 257 ff., 259; Wassermann ZfP (30) 1983, 343 ff., 345.
[7] Sog. „mittelbarer“ oder „indirekter“ ziviler Ungehorsam, dazu auch Frankenberg JZ 1984, 266 ff., 268 f.
[8] Ablehnend etwa Isensee in: Braune (Hg.), Ziviler Ungehorsam. Texte von Thoreau bis Occupy, 2017, 229 ff., 232.
[9] Wassermann (Fn. 6), S. 345.
[10] Frankenberg (Fn. 7), S. 268.
[11] Gandhi, Letter to P. K. Rao, Servants of India Society, 1935, zitiert nach Fischer, The Life of Mahatma Gandhi, 1997, S. 87 ff.
[12] Pfahl-Traughber, Die Protestform des zivilen Ungehorsams, Bundeszentrale für politische Bildung, Beitrag vom 9.8.2023, abrufbar unter www.bpb.de/themen/linksextremismus/dossier-linksextremismus/523756/die-protestform-des-zivilen-ungehorsams (zuletzt abgerufen am 29.1.2025).
[13] Isensee, Grundrecht auf Ungehorsam gegen das demokratische Gesetz?, in: Streithofen (Hg.), Frieden im Lande, 1983, 155 ff.; Scholz NJW 1983, 705 ff., 709; Schwarz NJW 2023, 275 ff., 276.
[14] Umfassender Überblick über die verschiedenen Ansätze bei Akbarian, Ziviler Ungehorsam als Verfassungsinterpretation, 2023, 100-126 ff. m.w.N.
[15] Habermas, Herbst 83 – oder die moralische Neutralisierung des Rechts, in: Die neue Unübersichtlichkeit, 1985, 77 ff., 83; bereits bei Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, 1971, 401: „… öffentliche, gewaltfreie, gewissenhafte und zugleich politische Handlung, die gegen das Gesetz verstößt und in der Regel mit dem Ziel erfolgt, eine Änderung des Gesetzes oder der Politik der Regierung herbeizuführen.“
[16] Umfassend zum Gewaltbegriff bei Habermas als auch zur Kritik an der Voraussetzung der Gewaltlosigkeit generell Celikates in: Martinsen/Flügel-Martinsen (Hg.), Gewaltbefragungen, 2013, 211 ff., 216 ff. m.w.N.
[17] Kritik bzgl. einer strafrechtlich informierten Ausweitung des Gewaltbegriffs bei Frankenberg (Fn. 7) 269: „Wenn Passivität als Entfaltung von Gewaltsamkeit und Streiks oder Sitzstreiks als gewaltsame Nötigung interpretiert werden, wenn auch das Unterlassen jeglicher physischen oder psychischen Zwangseinwirkung auf andere Personen bereits als passive Gewalt gelten kann, dann führt die Verpflichtung auf gewaltlose Protestmittel geradewegs zur Verpflichtung, auf jeglichen Protest zu verzichten, der als politisch motiviertes Dasein den Unmut anderer hervorrufen oder die Bewegungsfreiheit anderer auch nur unwesentlich beeinträchtigen könnte.“ Keller (Fn. 4), 131 f., schlägt vor, statt auf „Gewaltlosigkeit“ auf „Friedlichkeit“ abzustellen.
[18] § 240 Abs. 1 und 2 StGB in der Fassung vom 4.11.2016, BGBl. I S. 2460.
[19] Zum u.a. Gewaltbegriff im deutschen Strafrecht Höffler NSW 2024, S. 355 ff.
[20] Zum Ganzen BVerfGE 92, 1, 15.
[21] BGHSt 23, 46.
[22] Das Bundesverfassungsgericht verwarf den vergeistigten Gewaltbegriff zugunsten der „Zweite-Reihe-Rechtsprechung“, BVerfGE 92, 1, 15.
[23] Umfangreiche Nachweise zum damaligen Diskussionsstand in BVerfGE 73, 206, 232 f.
[24] Etwa BGHSt 23, 46; OLG Köln NJW 1983, 2206; weitere Nachweise bei Sinn in Münchener Kommentar StGB, Bd. 4, 4. Aufl. 2021, § 240 Rn. 34.
[25] BVerfGE 73, 206.
[26] BVerfGE 92, 1.
[27] BVerfGE 92, 1, 16 f.
[28] Grundlegend BGHSt 41, 182.
[29] BVerfG NJW 2011, 3020.
[30] BGHSt 41, 182, Rn. 9 f.
[31] OLG Karlsruhe BeckRS 2015, 2152; zuvor schon BGH NJW 1998, 2149; BVerfG NJW 2002, 1031.
[32] Vgl. nur AG Freiburg 22.11.2022 – 28 Cs 450 Js 23773/22, juris; AG München 30.11.2022 – 864 Ds 113 Js 200103/22, juris; AG München, 16.12.2022 – 851 Cs 113 Js 124160/22, juris; KG Berlin, Beschluss vom 31.01.2024 – 3 ORs 69/23, juris.
[33] Zur historischen Entwicklung des Gewaltbegriffs in Deutschland siehe z.B. Eidam, in Matt/Renzikowski, 2. Aufl. 2020, § 240 Rn. 15 ff.
[34] Kert ÖJZ 272 ff., 273.
[35] § 105 öStGB in der Fassung vom 1.1.2016, BGBl. I Nr. 112/2015.
[36] Etwa OGH, 14.9.2021, 11 Os 89/21d; weitere Nachweise bei Kert (Fn. 34), 273.
[37] OGH, 28.3.1996, 15 Os 5/96.
[38] Zum ganzen Absatz Lengauer VerfBlog, 4.2.2024, abrufbar unter https://verfassungsblog.de/sitzen-ist-keine-gewalt (zuletzt abgerufen am 29.1.2025).
[39] Etwa VG Wien, Az.: 001/016/7755/2023-8; VG Wien, Az.: 001/086/7664/2023-12.
[40] So forderte die Landeshauptfrau Niederösterreichs Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einem Brief an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) eine Verschärfung der rechtlichen Konsequenzen für die „Klimakleber:innnen“, Presseberichterstattung des ORF vom 23.8.2023, abrufbar unter https://noe.orf.at/stories/3221145/ (zuletzt abgerufen am 29.1.2025).
[41] Article L4122-1 des Code de la route in der Fassung vom 26.1.2023.
[42] Cour d’appel de Paris, 3.6.2024, n° 23/07097.
[43] Vgl. z.B. UN Special Rapporteur on the Promotion and Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms while Countering Terrorism Concludes Visit to France, 23.5.2018 (new law adopted in October 2017 makes a number of profound changes to the counter-terrorism framework, which includes the prioritization of administrative measures as the undergirding legal basis to take measures to prevent terrorism and the establishment of a posteriori rather than a priori review, review is then taken through administrative rather than criminal law).
[44] Der Public Order Act 2023 ist abrufbar unter www.legislation.gov.uk/ukpga/2023/15/2024-10-31 (zuletzt besucht am 29.1.2025). In der öffentlichen Diskussion wird das Gesetz auch als „anti-protest bill“ bezeichnet.
[45] Section 34 Public Order Act 2023: „For the purposes of this Act, the cases in which individuals or an organisation may suffer serious disruption include, in particular, where the individuals or the organisation (a) are by way of physical obstruction prevented, or hindered to more than a minor degree, from carrying out (i)their day-to-day activities (including in particular the making of a journey), […].”.
[46] Vgl. Explanatory Notes, Public Order Bill, S. 3, abrufbar unter https://bills.parliament.uk/publications/48142/documents/2370 (zuletzt abgerufen am 29.1.2025).
[47] Section 1(2) Public Order Act 2023: „It is a defence for a person charged with an offence under subsection (1) to prove that they had a reasonable excuse for the act mentioned in paragraph (a) of that subsection.“.
[48] Vgl. Lakhani/Gayle/Taylor The Guardian, 12.10.2023, abrufbar unter www.theguardian.com/environment/2023/oct/12/how-criminalisation-is-being-used-to-silence-climate-activists-across-the-world (zuletzt abgerufen am 29.1.2025). Bemerkenswert ist, dass die Regierung einige der Straftatbestände bereits mit dem Police, Crime, Sentencing and Courts Act 2022 einführen wollte, was seinerzeit vom House of Lords mit der Begründung, dass sie Protest kriminalisierten und den „freedom to protest“ zu sehr einschränkten, abgelehnt worden war. Nur wenig später wurde dann der Public Order Act mit diesen Straftatbeständen erneut eingeführt. Siehe Explanatory Notes, Public Order Bill, S. 4, abrufbar unter https://bills.parliament.uk/publications/48142/documents/2370 (zuletzt abgerufen am 29.1.2025).