USA v. Donald Trump – Zur Strafbarkeit lügnerischer Wahlergebnisanfechtung

Reference: NSW 2024, 412-430
DOI: 10.61039/29427509-2024-30

Donald Trump, der ehemalige und künftige US-Präsident, hat seine zwischenzeitliche Abwahl mit einer Lügenkampagne zu verhindern versucht – erst mit haltlosen Wahlanfechtungen, dann mit dem Sturm seiner Anhänger auf das Parlament. Diese Geschehnisse sind Gegenstand strafrechtlicher Aufarbeitung. Der Beitrag untersucht Stand und Aussicht der Verfahren, das Verhältnis der verschiedenen Anklagen zueinander, analysiert die vorgeworfenen Straftaten und zieht Vergleiche zum deutschen Strafrecht.

A. „It’s not the voting that’s democracy, it’s the counting“[1]

Die demokratische Legitimität von Wahlentscheidungen hängt davon ab, dass die Stimmen nicht nur gültig abgegeben, sondern auch korrekt ausgezählt worden sind und dass anschließend das wahre Wahlergebnis verkündet worden ist. Daran gemessen steht die Legitimation des Gewinners der US-Präsidentschaftswahl vom 3.11.2020, Joe Biden, außer Frage. Dieser hatte die Wahl mit 7 Mio. Stimmen Vorsprung gegenüber dem sich zur Wiederwahl stellenden Amtsinhaber, dem 45. Präsidenten der USA, Donald Trump, gewonnen;[2] umgerechnet in die letztlich entscheidende Anzahl an Wahlleuten im (dezentral in den Bundesstaaten

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tagenden) Wahlgremium („Electoral College“)[3] erhielt der Demokrat Biden dort 306 Stimmen gegenüber dem Republikaner Trump mit 232. Ausweislich der zuständigen Behörden handelte es sich bei der Wahl um „die sicherste in der Geschichte Amerikas“. Insbesondere gebe es auch nach gründlicher Überprüfung „keine Hinweise darauf, dass ein Wahlsystem Stimmen gelöscht oder verloren hat, Stimmen geändert hat oder in irgendeiner Weise kompromittiert wurde.“[4]

Der unterlegene Kandidat wollte sich mit dieser Niederlage nicht abfinden. Um zu verhindern, dass der Kongress am 6.1.2021 förmlich eine Mehrheit für Biden im Wahlgremium feststellt, bemühte sich Trump mithilfe von Anwälten und Beratern, dass ein anderes, ihn als Sieger ausweisendes Ergebnis sowohl der „Popular Vote“ als auch der Abstimmung im „Electoral College“ festgestellt werde. Dieses Bemühen beruhte im Kern auf bewusst unwahren Behauptungen über das massenhafte Auftreten von Wahlfälschungshandlungen in den sieben wahlentscheidenden „Swing States“, die knapp von Biden gewonnen worden waren; begleitet war es von einer massiven Social-Media-Desinformationskampagne über die Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses.[5] Als „Beweise“ wurden dabei von Trumps Team, angeführt vom ehemaligen New Yorker Bürgermeister, dem Rechtsanwalt Giuliani, aber lediglich Verschwörungstheorien und manipulierte Videoschnipsel vorgebracht. Im rationalen Teil des US-amerikanischen Diskurses hat sich für diese auf vorsätzlich verbreiteten Unwahrheiten basierende Kampagne Trumps – in Anlehnung an ein Zitat aus Hitlers „Mein Kampf“ – die Bezeichnung „Big Lie“ etabliert.[6]

Im Ergebnis hatte Trump mit seinen Wahlanfechtungen keinen Erfolg. Die Gründe dafür sind vielfältig – und es ist schwer zu sagen, wie nah

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Trump tatsächlich daran war, das Wahlergebnis in seinem Sinne zu kippen.[7] Fest steht aber, dass seine Kampagne am 6.1.2021 in dem gewaltsamen Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol gipfelte. Neben dem (politischen) Normgeltungsschaden hatte der Kapitolsturm zahlreiche Verletzte und mehrere Todesopfer zur Folge.[8] In den USA ist derzeit die juristische Aufarbeitung seiner Lügenkampagne in Gestalt zweier Strafverfahren gegen Trump im Gange. Der Angeklagte hat diese mit den Worten kommentiert, es handele sich um „Gestapo-Methoden“, die ihn „an Nazi-Deutschland in den 1930er Jahren erinnern“.[9]

Nachfolgend sollen zunächst die Strafverfahren gegen Trump näher dargestellt und einer vorsichtigen ferndiagnostischen Bewertung unterzogen werden. Anlässlich des von Trump in den Raum gestellten Vergleichs mit der Rechtslage in Deutschland wird sodann der Frage nachgegangen, welche Antworten das deutsche Strafrecht auf eine vergleichbare Kampagne lügnerischer Wahlanfechtungen hätte.

B. Die „Election Interference Cases“

I. Überblick

Im Hinblick auf die Versuche der Wahlergebnismanipulation sowie seine Verstrickung in den Kapitolsturm war kurz vor dem Ende seiner ersten Amtszeit gegen den Noch-Präsidenten Trump ein strafprozessartiges, aber genuin politisches Amtsenthebungsverfahren initiiert worden, gestützt auf den Vorwurf des Aufrufens zum Umsturz („Incitement of Insurrection“).[10] Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Senat wurde Trump allerdings im Februar 2021 „freigesprochen“.

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In strafrechtlicher Hinsicht hat Trump es seit 2023 mit zwei Anklagen zu tun; einer bundesrechtlichen[11] und einer im Bundesstaat Georgia[12] anhängigen. Beide beziehen sich im Kern auf dasselbe Tatgeschehen im Zeitraum zwischen dem Vorabend der Wahl und dem Kapitolsturm. Ein Konflikt mit dem Doppelverfolgungsverbot besteht dabei nach h.M. nicht. Gemäß der „Dual-Sovereignty Doctrine“ gilt der in Zusatzart. V S. 3 US-Verf. enthaltene „Ne-bis-in-idem“-Grundsatz nicht im Verhältnis von Bundes- und Landesstrafrecht.[13]

Die Erfolgsaussichten beider Klagen sind gegenwärtig ungewiss. Zum einen hat der Supreme Court anlässlich der Bundes-Anklage im Juli 2024 entschieden, dass ein (ehemaliger) US-Präsident über weitreichende Immunität verfügt, sofern es um Handlungen geht, die i.w.S. als zu seinen Amtsgeschäften gehörend betrachtet werden können.[14] Im Bundes-Verfahren hat dies bereits dazu geführt, dass der Ankläger, Sonderermittler Smith, die ursprüngliche Anklage[15] zurückgezogen und durch eine neue, schlankere Version[16] ersetzt hat, in der auf einige Tatvorwürfe verzichtet und der Versuch unternommen wird, die nicht-amtliche Natur der Lügen und Wahlanfechtungen herauszustreichen.[17] Letzteres wird überdies in einem umfangreichen Schriftsatz näher begründet.[18] In Georgia hat Richter McAfee im Zwischenverfahren zudem mehrere Anklagepunkte für unzulässig erklärt, da diese entweder nicht hinreichend substantiiert vorgetragen seien[19] oder nicht der Jurisdiktion eines einzelnen

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Bundesstaates unterfielen.[20] Zum anderen sind beide Verfahren derzeit durch (angefochtene) Zwischenentscheidungen blockiert, die Kompetenzstreitigkeiten bezüglich der jeweiligen Ankläger betreffen.[21] Im Bundes-Verfahren geht es dabei um die Verfassungsrechtmäßigkeit der Einsetzung des Sonderermittlers; in Georgia wird über die Befangenheit der Chefanklägerin Willis gestritten, da diese eine nicht-offengelegte Liebesbeziehung zu einem ebenfalls für die Anklage arbeitenden Anwalt unterhalten hatte.

Unklar ist zudem noch, welche Auswirkungen die Wiederwahl Trumps als 47. US-Präsident am 5.11.2024 auf die beiden Strafverfahren haben wird. In Bezug auf die Bundes-Anklage könnte Trump sowohl auf die Abberufung des Sonderermittlers hinwirken[22] als auch von dem rechtlich umstrittenen Instrument einer Selbstbegnadigung Gebrauch machen.[23] Zudem darf nach vorherrschender Ansicht ein amtierender US-Präsident bis zum Ende seiner Amtszeit aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht strafrechtlich verfolgt werden[24] – woraus sich für bereits erhobene Anklagen ein zumindest vorübergehendes Verfahrenshindernis ergebe.[25]

II. Das angeklagte Tatgeschehen

Beide Anklagen beziehen sich im Wesentlichen auf dasselbe Geschehen. Grob zusammengefasst lag Trumps „Big-Lie“-Kampagne zwischen dem Wahlabend und dem Kapitolsturm ein dreistufiges Vorgehen zugrunde:

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1. Manipulation der „Popular-Vote“-Ergebnisse

Die erste Stufe bestand darin, die knappen Wahlergebnisse (zugunsten Bidens) in den wahlentscheidenden „Swing States“[26] mit juristischen Mitteln anzufechten. Wiewohl das Vorgehen im Detail unterschiedlich ausfiel, war das Grundgerüst stets dasselbe: Gestützt auf die Behauptung, es seien zu Unrecht pro „Swing State“ Zehn- bis Hunderttausende Phantom-Wahlstimmen für Biden gezählt worden – durch irreguläre Briefwahlstimmen, Stimmen von in einem anderen Bundesstaat beheimateten oder bereits verstorbenen Wählern sowie durch manipulierte Wahlautomaten –, reichte das Trump-Team an die Wahlprüfungsinstitutionen (teils parlamentarische Ausschüsse, teils Wahlbehörden, teils ordentliche Gerichte) Anträge auf die Feststellung von Wahlergebnissen, die Trump als Sieger auswiesen. Für die angeblichen Unregelmäßigkeiten wurden aber keine oder nur offenkundig manipulierte Beweismittel vorgelegt, sodass sich sämtliche Behauptungen rasch als haltlos erwiesen. Plastisch heißt es dazu in der frustrierten E-Mail eines Anwalts aus dem Trump-Team:

„Wenn unser Recherche- und Kampagnen-Rechtsteam keine der Behauptungen unseres Elite-Strike-Force-Rechtsteams untermauern kann, ist klar, warum wir bei unseren Fällen 0:32 zurückliegen. Ich werde mich natürlich anstrengen, um an allen Fronten zu helfen, aber es ist schwer, irgendetwas davon zu vertreten, wenn alles nur Verschwörungsscheiße ist, die vom Mutterschiff heruntergebeamt wird.“[27]

Soweit die Kompetenz zur Wahlergebnisüberprüfung bei parlamentarischen oder gubernativen, d.h. politisch besetzten Institutionen lag, soll Trump es auch mit politischer Einflussnahme versucht haben, eine Abänderung des Wahlergebnisses zu erreichen. Exemplarisch bedrängte Trump den (republikanischen) Secretary of State (≈ Innenminister) des Staates Georgia, 11.780 Wahlstimmen für ihn zu „finden“.[28] Zudem wird Trump vorgeworfen, in Arizona und Michigan die (republikanischen) House Speaker (≈ Parlamentspräsidenten) dazu gedrängt zu haben, das Wahlergebnis unter Hinweis auf den angeblichen Wahlbetrug für

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ungültig zu erklären und durch eine parlamentarische Entscheidung zugunsten Trumps zu überspielen; verfassungsrechtlich galt dieses auf Art. II Abschn. 1 S. 2 US-Verf. i.V.m. einem (inzwischen getilgten) Passus im Wahlgesetz (3 U.S.C. § 2 a.F.[29]) gestützte Vorgehen als höchst dubios.[30] Im Ergebnis hatte keiner von Trumps Beeinflussungsversuchen Erfolg.

2. Manipulation der Ergebnisse des „Electoral College“

Die zweite Stufe der „Big-Lie“-Kampagne ist nur vor dem Hintergrund des eigentümlichen US-Wahlsystems zu verstehen. Der Plan des Trump-Teams bestand insoweit darin, am 6.1.2021 bei der förmlichen Feststellung und Auszählung der Wahlleute-Stimmen im Kongress Verwirrung über das dort eingegangene Stimmmaterial zu stiften und diese Konfusion mithilfe des verfahrensleitenden Vize-Präsidenten Mike Pence für eine Auszählung in Trumps Sinne auszunutzen.

Für die Unklarheit über das auszuzählende Stimmmaterial sollte dabei der Umstand sorgen, dass das Trump-Team in den „Swing States“, obwohl es die dortigen Wahlen und damit auch die Wahlleutestimmen verloren hatte, (teilweise gutgläubige) Pseudo-Wahlleute bestimmt und deren „Stimmen“ zusammen mit offiziösen Bescheinigungen an den Kongress übersandt hatte. Entsprechend lagen im Kongress aus den fraglichen Staaten divergierende Listen mit Wahlleuten bzw. deren Abstimmungsergebnissen vor.[31] Übertragen auf deutsche Verhältnisse wäre dies in etwa so, als ob im Vorfeld der Bundesversammlung beim Bundestagspräsidenten aus einem Bundesland konträre Wahllisten nach § 4 VI BVerslG eingingen und bei der BV dann entsprechend rivalisierende Mitgliedergruppen erschienen.

Gescheitert ist dieses Vorhaben daran, dass Vize-Präsident Pence am Vorabend der Auszählung sich dem Ansinnen von Trump widersetzte, die regulären Wahlleute-Stimmen durch diejenigen der Fake-Elektoren

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zu ersetzen; eine solche Autorität, so Pence, komme nach der Verfassung nicht dem Vize-Präsidenten, sondern nur dem Senat zu.[32]

3. Sturm auf das Kapitol

Am 6.1.2021 wiederholte Trump bei einer Kundgebung in Washington vor Tausenden aufgestachelter Anhänger die Behauptung von der „gestohlenen Wahl“; dabei erklärte er das unter 2. skizzierte Szenario des Für-gültig-Erklärens der Fake-Elektoren-Stimmen als rechtlich zulässig und – Pences Willen vorausgesetzt – auch für faktisch durchsetzbar. Sodann forderte Trump die Zuhörer auf, zum Kapitol zu marschieren und „unser Land zurückzuerobern“. Die anschließende Gewaltorgie führte zu einer stundenlangen Verzögerung der Auszählungszeremonie, an deren Ende Biden als Gewinner der Präsidentschaftswahl festgestellt wurde.[33]

III. Das Bundes-Verfahren

Die Bundes-Anklage bezieht sich auf alle drei Phasen der „Big-Lie“-Kampagne und richtet sich nur gegen Trump. Ihm wird vorgeworfen, drei verschiedene Delikte verwirklicht zu haben, die sich alle durch eine pauschalierende Handlungsbeschreibung auszeichnen. Infolgedessen ist die Anklage primär auf eine Gesamtbetrachtung der Geschehnisse angelegt, ohne dass es auf eine rechtliche Würdigung konkreter Einzelhandlungen ankäme.

1. Verschwörung zum Betrug der USA

Als Erstes wird Trump vorgeworfen, eine mit bis zu fünf Jahren Haft bedrohte Verschwörung zum Betrug der Vereinigten Staaten gem. 18 U.S.C. § 371 („Conspiracy to defraud United States“), begangen zu haben.[34]

Das Konzept der Verschwörung verweist auf eine weitreichende Zurechnungsfigur, die inhaltlich angesiedelt ist zwischen § 129 StGB und dem

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Joint Criminal Enterprise (JCE) völkerstrafrechtlicher Provenienz.[35] Entsprechend werden Trump sämtliche Machenschaften seines Teams als Tatbeiträge von Mitverschwörern zugerechnet. Zudem geht mit dem Vorwurf der Verschwörung eine mit der Verabredung zu einem Verbrechen gem. § 30 II StGB vergleichbare[36] Vorverlagerung der Strafbarkeit einher, sodass es allein auf den Abschluss und ggf. die Förderung des gemeinsamen Unrechtspakts ankommt, nicht aber auf den (Betrugs-)Erfolgseintritt.

Unklar ist, was den tatbestandlichen Betrug zulasten der USA inhaltlich ausmacht. Primär wird die Betrugskomponente im vermögensstrafrechtlichen Sinne, also als Bereicherungsdelikt interpretiert.[37] Allerdings ist anerkannt, dass die USA zu betrügen auch bedeuten kann, „eine ihrer rechtmäßigen Regierungsfunktionen durch Täuschung, List oder Trickserei oder zumindest durch unehrliche Mittel zu stören oder zu behindern“.[38] Auf diese Art der (beabsichtigten) Schädigung der Staatsfunktionalität stellt die Anklage ab; sie hält das Betrugs-Merkmal für erfüllt, weil die Verschwörung darauf gerichtet war, „die rechtmäßigen Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen 2020 zu kippen, indem wissentlich falsche Behauptungen über Wahlbetrug aufgestellt wurden, um die Bundes-Regierungsfunktion der Wahlergebnisfeststellung zu behindern.“[39]

2. Behinderung eines offiziellen Verfahrens

Zudem wird Trump vorgeworfen, die „korrupte“ (i.S.v. maliziöse)[40] Behinderung eines offiziellen Verfahrens („Obstruction of Official Proceeding“) begangen zu haben, nämlich der förmlichen Feststellung des

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Abstimmungsergebnisses im Wahlgremium.[41] Gemeint sein dürfte damit die Behinderung der Auszählungszeremonie am 6.1.2021, die durch den Kapitolsturm für Stunden unterbrochen werden musste. Aus deutscher Perspektive ungewohnt ist, dass Trump nebeneinander verschiedene Verwirklichungsstadien der Tat vorgeworfen werden, nämlich die (jeweils mit bis zu 20 Jahren Haft bedrohte) Verschwörung dazu (18 U.S.C. § 1512(k)), ihr Versuch (18 U.S.C. § 1512(c)(2)) sowie ihre täterschaftliche Vollendung (18 U.S.C. §§ 1512(c)(2), 2).[42] Als eigentliche Behinderungshandlung wird der Kapitolsturm anzusehen sein, zu dem Trump die Eindringlinge aufgestachelt oder zumindest verleitet haben dürfte.[43]

3. Verschwörung gegen die Bürgerrechte

Zuletzt wird Trump eine Verschwörung gegen die Bürgerrechte („Conspiracy Against Rights“ gem. 18 U.S.C. § 241)[44] vorgeworfen, die im Grunddelikt mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. Der Tatbestand setzt eine Konspiration voraus, die darauf gerichtet ist, eine Person an der Ausübung eines gesetzlich garantierten Rechts zu hindern. Dieses aus seinem bloßen Wortlaut heraus kaum verständliche Delikt findet sich in einem Gesetzesabschnitt, der Hass- und Diskriminierungsverbrechen enthält. Auf den ersten Blick passen daher das Trump zur Last gelegte Verhalten und dieser Straftatbestand nur schwer zusammen.

Allerdings ist die Indienstnahme besagter Norm zur Ahndung von Wahlmanipulationen üblich. Bereits ihrer ursprünglichen Konzeption nach sollte die Vorschrift gegen die Bestrebungen des Ku-Klux-Klan zum Einsatz kommen, dunkelhäutige Amerikaner vom Gebrauchmachen ihres Wahlrechts abzuhalten.[45] Insoweit stand der Anwendungsbereich der Norm von Anfang an mit undemokratischer Wahlbeeinflussung in Verbindung. In der Folgezeit wurde die Norm regelmäßig in diese Richtung

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interpretiert und gegen Wahlbetrug zum Einsatz gebracht.[46] Daher erscheint es nachvollziehbar, Trumps Bestrebungen, das Wahlergebnis zu kippen, als Verschwörung gegen die Bürgerrechte zu interpretieren – genauer: gegen das Bürgerrecht „zu wählen und dass die eigene Stimme gezählt wird“.

Nicht näher erläutert wird in der Anklage, welcher (angestrebte) Erfolg der Trump-Kampagne als tatbestandliche Behinderung der Rechtsausübung zu betrachten ist. Prima facie kann man hierunter sowohl die Manipulationen der Ergebnisse der „Popular Vote“ und des „Electoral College“ fassen, als auch die gewalttätige Behinderung der Auszählungszeremonie durch den Kapitolsturm. Dies ist kein unwichtiges Detail, weil der Tatbestand eine – allein in Bezug auf den Kapitolsturm potenziell einschlägige – Todeserfolgsqualifikation enthält, die mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Ob Trump auf der Basis der Bundes-Anklage deshalb die Todesstrafe droht, wird allerdings kontrovers beurteilt.[47] Die Frage wird überwiegend verneint, da die Anklage keine Ausführungen zu bestimmten Schuldmerkmalen enthalte; dies sei aber eine (ungeschriebene) Voraussetzung für die Verhängung der Todesstrafe.

IV. Das Georgia-Verfahren

Gegenüber der Bundes-Anklage ist diejenige in Georgia einerseits weiter, andererseits enger. Enger, weil sie lediglich die ersten beiden Stufen der „Big-Lie“-Kampagne abdeckt (der Kapitolsturm spielt darin keine Rolle). Weiter, weil sie detaillierter auf das angeklagte Geschehen eingeht und neben Trump auch gegen 18 weitere Personen (Anwälte und politische Berater) gerichtet ist. Inhaltlich unterscheiden sich beide Anklagen fundamental. Im Gegensatz zum Gesamtwürdigungs-Ansatz der Bundes-Anklage, die sich auf drei weitreichende „Catch-all“-Delikte stützt, ist die Georgia-Anklage kleinteiliger konstruiert. Sie beinhaltet 41

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Anklagepunkte,[48] von denen sich fast alle auf konkrete Teilaspekte der „Big-Lie“-Kampagne beziehen.

In Bezug auf deren erste Stufe, die lügnerische Anfechtung der „Popular-Vote“-Ergebnisse in den „Swing States“, sieht die Anklage darin die Verwirklichung (bzw. darauf gerichtete Verschwörungen[49]) von Tatbeständen zum Schutz der öffentlichen Verwaltung. Dabei geht es vor allem um das Delikt der mündlichen oder schriftlichen Lüge gegenüber einer Behörde gem. § 16-10-20 Georgia Code (GA Code),[50] das durch die unwahre Behauptung gegenüber den Wahlbehörden, es lägen Beweise für Wahlmanipulation vor, verwirklicht sei.[51] Soweit Trump gegenüber bösgläubigen Vorstehern administrativer oder parlamentarischer Wahlprüfungsorgane auf eine Veränderung der Wahlergebnisse gedrungen hat, wird dies als Anstiftung zum Eidbruch durch Amtsträger gem. § 16-10-1 GA Code (≈ Amtsmissbrauch)[52] betrachtet. In Bezug auf die zweite Stufe der Kampagne, die Aufstellung und Meldung der Fake-Elektoren, subsumiert die Anklage dies vornehmlich als (Verschwörung zur) Amtsanmaßung i.S.v. § 16-10-23 GA Code.[53]

Das Herzstück der Georgia-Anklage bildet allerdings ebenfalls ein Delikt, das praktisch alle auf die Wahlergebnisbeeinflussung gerichteten Einzelakte zu einer übergreifenden Straftat zusammenfasst. So wird Trump und allen Mitangeklagten die Verschwörung zur Beteiligung an einer „Racketeer Influenced and Corrupt Organization“ („RICO“) gem. § 16-14-4(c) GA Code,[54] vorgeworfen (Strafmaß bis zu 20 Jahre Haft). Der Sache nach handelt es sich um ein Organisationsdelikt, das Parallelen zu § 129 StGB aufweist.[55] In der Anklage wird der kriminelle Charakter der „Big-Lie“-Kampagne sowohl mit einem Hinweis auf die weiteren angeklagten

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Einzeltaten begründet,[56] als auch mit einem indirekten Verweis auf die Bundes-Anklage (etwa in Bezug auf den Versuch Trumps, Vize-Präsident Pence zur Verkündung eines falschen Wahlergebnisses anzustiften).[57]

C. Betrachtung aus deutscher Perspektive

I. Bewertung der Anklagen

Bei der Bundes-Anklage springt die Vagheit der Straftatbestände ins Auge. Alle drei Delikte erscheinen hochgradig unbestimmt und sind ohne Kenntnis des Rechtssystems, in das sie eingebettet sind, kaum verständlich. Vor der Folie des deutschen Bestimmtheitsgebots wirken diese Tatbestände wie Gummiparagrafen, gegen die sich zu verteidigen Beschuldigte Schwierigkeiten haben dürften. Bezeichnenderweise bemüht sich die Anklage nicht im Ansatz darum, die in ihrer Einleitung angedeutete[58] Unterscheidung zwischen zulässigem öffentlichem Lügen über angeblichen Wahlbetrug und dem Beschreiten des Rechtswegs zur Anfechtung des Wahlergebnisses einerseits und der kriminellen Untergrabung des Wahlergebnisses andererseits näher zu konturieren; stattdessen geht das Gesamtgeschehen in einer Verschwörung zum Betrug der USA bzw. gegen das Wahlrecht auf. Das deutsche Recht enthält keine vergleichbaren Straftatbestände – und es ist nicht vorstellbar, dass solche ohne Konflikt mit dem Gesetzlichkeitsprinzip im deutschen Strafrecht implementiert werden könnten.

Gleichwohl ist der in der Bundes-Anklage gewählte Gesamtwürdigungsansatz nicht unplausibel. Schließlich liegt das Unrecht der „Big-Lie“-Kampagne vornehmlich darin, es mithilfe einer von aufrührerischen Fake News begleiteten Instrumentalisierung staatlicher Entscheidungsträger unternommen zu haben, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl zu verfälschen und somit das Prinzip der Volkssouveränität auszuhebeln. M.a.W., sämtliche Einzelhandlungen waren jedenfalls auf ein einziges großes Unrechtsziel gerichtet.

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Besser nachvollziehbar erscheint jedoch die Georgia-Anklage, die infolge ihres atomistischen Ansatzes mit greifbareren Straftatbeständen operiert. Allerdings wird auch hier die Strafbarkeit der auf Wahlergebnisbeeinflussung abzielenden Einzelakte überwiegend mit Tatbeständen begründet, die dem deutschen Recht in dieser Allgemeinheit fremd sind. Weder existiert hierzulande ein allgemeines Verbot, Behörden zu belügen,[59] noch ein genereller Amtsmissbrauchstatbestand.[60] Striche man in der Georgia-Anklage alle Anklagepunkte, die im deutschen Strafrecht keine Entsprechung finden, bliebe jedenfalls in Bezug auf den Angeklagten Trump nicht viel übrig – womit sich zugleich auch der Hauptanklagepunkt der RICO-Verschwörung (≈ Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung) erledigt hätte.

II. Strafbarkeit nach deutschem Recht

1. Parlamentssturm

Nicht gesagt ist damit, dass das Gedankenexperiment einer sinngemäßen Sachverhaltsumstellung (i.S.v. § 3 I IRG) zur Straflosigkeit nach deutschem Recht führt. Mit Blick auf den Sturm auf das Kapitol hat Fahl dargelegt,[61] dass in Bezug auf Trump wohl die öffentliche Aufforderung (§ 111 StGB) zu Gewaltdelikten verwirklicht worden ist (namentlich zu Verfassungsorgannötigungen nach §§ 105 f. StGB sowie zur Behinderung einer Wahlergebnisfeststellung gem. § 107 StGB); möglicherweise liegt auch ein Verfassungshochverrat i.S.v. § 81 I Nr. 2 i.V.m. § 92 II Nr. 1 StGB oder jedenfalls die Vorbereitung eines solchen Unternehmens nach § 83 StGB vor. Insoweit wäre also die Behinderung der Wahl des Bundeskanzlers infolge eines Sturms auf den Reichstag strafbewehrt.

Weniger klar ist die Rechtslage in Bezug auf die erste Phase der Trump-Kampagne,[62] scil. die massenhafte Anfechtung der Wahlergebnisse unter lügnerischem Hinweis auf Wahlfehler bzw. die Bedrängung von Wahlleitern zur Verkündung falscher Wahlergebnisse. Einen Tatbestand der

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Verbreitung von Fake News kennt auch das deutsche Recht nicht;[63] inhaltlich absurde Klagen auf Änderung von Wahlergebnissen wurden rechtspraktisch bislang eher mit Missbrauchsgebühren als mithilfe des Strafrechts sanktioniert.[64] Jedoch gelangt man im Fall einer ernsthaft gefährlichen Lügenkampagne à la Trump auf der Basis eines strukturell mit der Georgia-Anklage vergleichbaren kleinteiligen Ansatzes gleichwohl zu ihrer potenziellen Strafbarkeit.

2. Aussagedelikte

Zunächst können Wahlanfechtungen,[65] die mit bewusst unwahren Behauptungen über Wahlfehler begründet werden, als Aussagedelikte (§§ 153 ff. StGB) bzw. als Verleitung (§ 160 StGB) oder versuchte Anstiftung dazu (§ 159 i.V.m. § 30 StGB) strafbar sein, wenn es sich bei der Wahlüberprüfung um ein Verfahren handelt, dass die Möglichkeit einer eidlichen Zeugenvernehmung oder einer eidesstattlichen Versicherung vorsieht (und die entsprechende Unwahrheit in dieser Form bekräftigt wird). Diese Voraussetzungen können bei gerichtlichen Wahlprüfungen gegeben sein.[66] Aber auch parlamentarische Wahlprüfungsausschüsse sind vielfach mit der Befugnis zur eidlichen Vernehmung von Zeugen ausgestattet[67] und insoweit als taugliche Stelle i.S.d. §§ 153 f. StGB anzusehen.

3. Urkundendelikte

Lässt sich eine Wahlprüfungsstelle tatsächlich täuschen und stellt in ihrer förmlichen Entscheidung irrtumsbedingt ein falsches Wahlergebnis fest, ist zudem an eine mittelbare Falschbeurkundung zu denken. Indes scheitert die Verwirklichung des Delikts daran, dass sich die von § 271 StGB geschützte Richtigkeitsgewähr bei Gerichtsurteilen und vergleichbaren Entscheidungen nicht auf die den Feststellungen zugrunde liegenden Tatsachen bezieht – mögen diese auch durch bewusste

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Falschangaben materiell unrichtig sein.[68] Würde nämlich jedes Anlügen eines Amtsträgers, das einen inhaltlich falschen VA oder ein unrichtiges Urteil bewirkt, zur Strafbarkeit wegen Falschbeurkundung führen, ginge dies am Schutzzweck der Norm vorbei.

4. Wahlfälschung

Gelingt es dem Wahlanfechter, die für die (Neu-)Feststellung des Wahlergebnisses kompetente Instanz – sei diese ein Wahlleiter, ein Gericht oder ein Parlamentsausschuss[69] – dazu zu bringen, ein unrichtiges Wahlergebnis[70] zu verkünden, kommt überdies eine Strafbarkeit aus § 107a II StGB in Betracht. Die dogmatischen Einzelheiten, von denen die Reichweite der Vorschrift in den hier interessierenden Konstellationen abhängt, sind allerdings umstritten.

Abs. 2 enthält zwei Varianten: das „Verkünden“ und das „Verkündenlassen“ eines unrichtigen Wahlergebnisses. Die h.M. geht (ohne Begründung) davon aus, dass es sich in beiden Varianten um ein Sonderdelikt handelt, das nur für Personen gilt, die zur Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses befugt sind.[71] Daraus folgt, dass eine nicht zur Ergebnisverkündung befugte Person (z.B. der unterlegene Wahlkandidat) als Extraneus den Tatbestand nicht täterschaftlich verwirklichen kann. Eine mittelbare Täterschaft – etwa, wenn der Wahlleiter sich von den unwahren Behauptungen über Wahlbetrug täuschen lässt und infolgedessen gutgläubig ein falsches Ergebnis verkündet oder über Dritte verkünden lässt – kommt nach dieser Ansicht nicht in Betracht. Möglich wäre lediglich eine Teilnahme des Extraneus, etwa wenn er den (bösgläubigen) Vorsitzenden der Wahlprüfungskommission zur Verkündung eines unrichtigen Ergebnisses anstiftet. Misslingt der Anstiftungsversuch indes (bspw. weil der Wahlleiter, wie im Trump-Fall Georgias Innenminister Raffensberger, sich dem Ansinnen verweigert), bleibt dieser jedoch straflos, da

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es sich bei § 107a StGB um ein Vergehen handelt, für das § 30 StGB nicht greift.

Die vorzugswürdige Gegenansicht nimmt demgegenüber an, dass die Variante des „Verkündenlassens“ kein Sonderdelikt ist; vielmehr erfasse die Vorschrift – strukturanalog zu § 271 StGB – gerade diejenigen Fälle, in denen der Sonderpflichtige (z.B. mittels Täuschung) durch den Extraneus zur Verkündung eines unrichtigen Ergebnisses instrumentalisiert wird.[72] Diese Ansicht hat zwei Argumente für sich. Zuerst ein gesetzessystematisches: Die h.M. kann nicht erklären, weshalb es überhaupt der Variante des Verkündenlassens bedarf; denn lässt ein bösgläubiger Wahlleiter das unrichtige Ergebnis durch einen Extraneus (z.B. eine Journalistin) verkünden, könnte dies ohne Weiteres als Form des Verkündens in mittelbarer Täterschaft subsumiert werden (Fall des qualifikationslosen Werkzeugs).[73] Das zweite Argument ist ein kriminalpolitisches: Während die Gegenauffassung, wie im Trump-Fall, eine schmerzhafte Strafbarkeitslücke bei erfolglosen Anstiftungsversuchen hinterlässt, greift nach der hier befürworteten Sichtweise die Versuchsstrafbarkeit nach Abs. 3. Entsprechend sind gescheiterte Beeinflussungsversuche durch lügnerische Wahlanfechtungen als Versuch des Verkündenlassens eines unrichtigen Ergebnisses durch einen gutgläubigen Wahlleiter und damit als (versuchte) Wahlfälschung strafbar.[74]

Fraglich ist allerdings, wie der Fall einer misslungenen Anstiftung eines bösgläubigen Sonderpflichtigen (wie im Fall der Einwirkung auf „Sec-State“ Raffensberger) zu beurteilen ist. Analog zum Meinungsspektrum bei § 271 StGB gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder könnte man darin ebenfalls ein versuchtes Verkündenlassen erblicken;[75] oder aber man beschränkt die Var. 2 auf Konstellationen tatherrschaftlichen Verursachens,[76] sodass in diesen Fällen lediglich ein (strafloser) Versuch der Anstiftung zum Verkünden eines unrichtigen Wahlergebnisses vorliegt. Da

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der Normwortlaut insoweit keine Anhaltspunkte für eine restriktive Interpretation bietet, ist die zuerst genannte Option vorzugswürdig.

5. Organisierte Wahlfälschung als kriminelle Vereinigung?

Der Clou der Georgia-Anklage gegen Trump und seine 18 Mitverschwörer besteht darin, die über Monate hinweg begangenen strafbaren Einzelhandlungen unter dem Dach des RICO-Organisationsdelikts zu einer kriminellen Wahlfälschungsoperation zusammenzufassen. Es ist eine interessante Frage, ob dies auch nach deutschem Recht möglich wäre. Sedes materiae ist § 129 StGB. Eine Diskussion über den Anwendungsbereich dieser Vorschrift würde den Rahmen sprengen. Berücksichtigt man allerdings, dass die Rechtsprechung es für möglich hält, gewaltlose wirtschaftskriminelle Vereinigungen[77] und sogar auf friedliche Bagatellkriminalität spezialisierte Klimaprotest-Gruppen wie die „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung i.S.d. § 129 II StGB zu qualifizieren,[78] liegt es nicht fern, die Norm auch gegenüber großangelegten Wahlbetrugskampagnen anzuwenden. Zumindest solange im Einzelfall nicht das Parteienprivileg des § 129 III Nr. 1 StGB greift, scheitert die Verwirklichung des Organisationsdelikts bei Wahlbetrugsprojekten nach Art der „Big-Lie“-Kampagne jedenfalls weder an der vorausgesetzten Mindestschwere der ins Auge gefassten Straftaten[79] noch an dem zeitlichen Element der längeren Dauer.[80] Auch würde es durchaus dem Unrechtsgehalt eines solchen Unterfangens und dem staatsschutzstrafrechtlichen Charakter des Delikts der Wahlfälschung gerecht werden, Verschwörungen, die auf einen friedlichen, aber in seiner Dimension gewaltigen

USA v. Donald Trump – Zur Strafbarkeit lügnerischer Wahlergebnisanfechtung
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Streich gegen die Volkssouveränität abzielen, bereits im Vorfeld über das Organisationsdelikt des § 129 StGB zu erfassen.

D. Fazit

Das vom US-Präsidenten Donald Trump nach seiner Wahlniederlage im Herbst 2020 auf eine beispiellose Lügenkampagne gegründete Unternehmen Machterhalt war in seiner Planung perfide, in der Durchführung markant dreist und in seiner anti-demokratischen Dimension gewaltig. Nachvollziehbarerweise hat das – letztlich an der Standhaftigkeit des Vize-Präsidenten gescheiterte – Unterfangen Staatsanwaltschaften auf den Plan gerufen und ist in zwei Anklagen gegipfelt. Deren jeweilige Konzeptionen weisen starke Unterschiede auf. Während sich die Anklage auf Bundesebene auf drei elastische Verschwörungsdelikte stützt, ist diejenige im Bundesstaat Georgia einem kleinteiligen Ansatz verhaftet, der zunächst zahlreiche Einzeltaten ausmacht und diese anschließend zu einem Organisationsdelikt zusammenfasst. Aus deutscher Sicht erscheint die Bundes-Anklage fremdartig und rechtsstaatlich heikel; demgegenüber ließe sich der Ansatz aus Georgia im Großen und Ganzen auf die deutsche Strafrechtslandschaft übertragen. Demnach könnten lügnerische Wahlanfechtungskampagnen zunächst atomistisch über die Aussagedelikte und vor allem den Tatbestand der Wahlfälschung erfasst werden, in einem weiteren Schritt u.U. auch vom Tatbestand der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Gesetzesänderungen im nationalen Strafrecht als Vorsichtsmaßnahme gegenüber dem sich ausbreitenden Trumpismus erscheinen nicht veranlasst.


Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Dank für wertvolle Hinweise gebührt Felix Segbers. Alle URL wurden zuletzt abgerufen am 8.11.2024.

[1] T. Stoppard, Jumpers, 1972, S. 35.

[2] Amtliches Endergebnis 3.11.2020, abzurufen unter: https://www.fec.gov/resources/cms-content/documents/2020presgeresults.pdf.

[3] Die mehrheitswahlrechtlichen und föderalen Verzerrungen des mittelbaren Wahlverfahrens können dazu führen, dass derjenige, der in der „Popular Vote“ insgesamt die Mehrheit an Stimmen erhalten hat, im „Electoral College“ gleichwohl weniger Stimmen erhält. Bspw. war aus den Wahlen 2000 und 2016 jeweils derjenige Kandidat als Präsident hervorgegangen, der in der „Popular Vote“ weniger Stimmen als der Herausforderer erhalten hatte (2000: Al Gore vs. George W. Bush; 2016: Hillary Clinton vs. Donald Trump). Näher Hay/Kern, US-Amerikanisches Recht, 8. Aufl. 2024, Rn. 52.

[4] Elections Infrastructure Government Coordinating Council/Election Infrastructure Sector Coordi-nating Executive Committees, Joint Statement 12.11.2020, abzurufen unter: https://www.cisa.gov/news-events/news/joint-statement-elections-infrastructure-government-coordinating-council-election.

[5] Näher Select Committee to Investigate the January 6th Attack on the United States Capitol, Final Report, 22.12.2022, S. 195 ff., abzurufen unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/GPO-J6-REPORT/pdf/GPO-J6-REPORT.pdf.

[6] Exemplarisch Hasen Harvard L. Rev. (Forum) 135 (2022), 265, 266, abzurufen unter: https://harvardlawreview.org/wp-content/uploads/2022/04/135-Harv.-L.-Rev.-F.-265.pdf.

[7] Hamilton Yale L. J. (Forum) 133 (2023/24), 249, 253, abzurufen unter: https://www.yalelawjournal.org/forum/state-implementation-of-the-electoral-count-reform-act-and-the-mitigation-of-election-subversion-risk-in-2024-and-beyond, meint, „[t]he plan came perilously close to working“.

[8] Nachw. bei Hasen Harvard L. Rev. (Forum) 135 (2022), 265, 276.

[9] Nachw. bei Mascaro PBS-News 6.5.2024, abzurufen unter: https://www.pbs.org/newshour/politics/with-gestapo-comment-trump-adds-to-numerous-past-nazi-germany-references; Pequeño Forbes-Online 1.8.2023, abzurufen unter: https://www.forbes.com/sites/antoniopequenoiv/2023/08/01/trump-reacts-to-indictment-says-jan-6-charges-reminiscent-of-nazi-persecution.

[10] 117th Congress, 1st Session, H. Res. 24 (Impeachment), 25.1.2021, abzurufen unter: https://www.congress.gov/bill/117th-congress/house-resolution/24/text. Wiewohl dieser Vorwurf an den (Bundes-)Straftatbestand des Aufrufens zum Umsturz der Regierung erinnert (Advocatingoverthrow of Government, 18 U.S.C. § 2385, Norm abzurufen unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/USCODE-2023-title18/html/USCODE-2023-title18-partI-chap115-sec2385.htm), stützte sich die Amtsenthebungsanklage nicht hierauf, sondern auf Zusatzart. XIV Abschn. 3 US-Verf., Norm abzurufen unter: https://usa.usembassy.de/etexts/gov/gov-constitutiond.pdf (missverständlich insoweit Fahl JA 2021, 373).

[11] United States v. Trump, Indictment, 1.8.2023, abzurufen unter: https://www.justice.gov/storage/US_v_Trump_23_cr_257.pdf.

[12] Georgia v. Trump et al., Indictment, 14.8.2023, abzurufen unter: https://www.fultonclerk.org/DocumentCenter/View/2108/CRIMINAL-INDICTMENT.

[13] Abbate v. United States, S.Ct., 359 U.S. 187 (1959), abzurufen unter: https://supreme.justia.com/cases/federal/us/359/187; Gamble v. United States, 139 S.Ct. 1960 (2019), abzurufen unter: https://www.supremecourt.gov/opinions/18pdf/17-646_d18e.pdf.

[14] Trump v. United States, S.Ct., 603 U.S. 593 (2024), abzurufen unter: https://www.supremecourt.gov/opinions/23pdf/23-939_e2pg.pdf, m. Bespr. Stein VerfBlog vom 3.7.2024, abzurufen unter https://verfassungsblog.de/ein-konig-zum-unabhangigkeitstag.

[15] Siehe oben Fn. 11.

[16] United States v. Trump, Superseding Indictment, 27.8.2024, abzurufen unter: https://storage.courtlistener.com/recap/gov.uscourts.dcd.258149/gov.uscourts.dcd.258149.226.0_35.pdf.

[17] Skeptisch zu den Erfolgsaussichten dieser Umgehungsstrategie Germain Syracuse University News 10.9.2024, abzurufen unter: https://news.syr.edu/blog/2024/09/10/donald-trump-has-survived-the-legal-cases-that-threatened-his-campaign.

[18] United States v. Trump, Government’s Motion for Immunity Determinations, 2.10.2024, abzurufen unter: https://s3.documentcloud.org/documents/25182544/immunity-document.pdf.

[19] Siehe Brumback/Richer AP 13.3.2024, abzurufen unter: https://apnews.com/article/georgia-election-interference-2020-trump-46e0b68c25719c404130f7e6eab69dcd.

[20] Näher Hakim/Fausset New York Times-Online 12.9.2024, abzurufen unter: https://www.nytimes.com/2024/09/12/us/trump-georgia-election-interference-case.html.

[21] Näher Germain Syracuse University News 10.9.2024; Darnell Atlanta News First 6.11.2024, abzurufen unter: https://www.atlantanewsfirst.com/2024/11/06/what-happens-fani-willis-indictment-trump-after-his-reelection.

[22] Näher Musumeci/Italiano/Nelken-Zitser Business Insider 6.11.2024, abzurufen unter: https://www.businessinsider.com/donald-trump-election-criminal-cases-presidency-2024-11.

[23] Dazu Uphues ZRP 2024, 220.

[24] Ausf. Moss Opinions of the Office of Legal Counsel 24 (2000) 222, abzurufen unter: https://www.justice.gov/file/146241-0/dl?inline.

[25] Germain Syracuse University News 6.11.2024, abzurufen unter: https://news.syr.edu/blog/2024/11/06/what-happens-to-the-pending-criminal-and-civil-cases-against-trump-following-his-election/; Fellmann SZ 7.11.2024, abzurufen unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/us-wahl-2024-donald-trump-strafverfahren-freibrief-stoppen-lux.GcXq6qGrN9nTvEjeqTL3Ta.

[26] Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, New Mexico, Pennsylvania und Wisconsin; zur Bedeutung der „Swing States“ Bierling, Die Unvereinigten Staaten, 2024, S. 118 ff.

[27] Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 30 [Übersetzung d. Verf.].

[28] Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 33 lit. f.; s.a. Georgia-Anklage (Fn. 12), S. 50 (Act 112); insoweit wurde der Anklagepunkt allerdings im Zwischenverfahren für unzulässig erklärt.

[29] Nach dieser Vorschrift aus dem Jahr 1948, abzurufen unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/STATUTE-62/pdf/STATUTE-62-Pg672.pdf, konnte das Parlament im Falle einer gescheiterten („failed“) Wahlmännerbestimmung stellvertretend für das Volk einspringen; zum Hintergrund der Reform Hamilton Yale L. J. (Forum) 133 (2023/24), 249 ff.

[30] Näher Hasen Harvard L. Rev. (Forum) 135 (2022), 265, 285 ff.; Pildes/Parsons California L. Rev. 109 (2021), 1773, 1828 ff., abzurufen unter: https://static1.squarespace.com/static/640d6616cc8bbb354ff6ba65/t/64484535655e650d2df41349/1682457909607/3+Pildes+Parsons+35+postEIC.pdf.

[31] Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 50 ff.; Georgia-Anklage (Fn. 12), S. 60 f. (Acts 128–140).

[32] Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 78–85; vgl. auch die Schilderung in der Georgia-Anklage (Fn. 12), S. 63 (Act 140), wonach Trump am Morgen des 6. Januars am Telefon zu Pence gesagt habe, dieser werde als „Weichei“ in die Geschichte eingehen („go down as wimp“).

[33] Vgl. Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 86–100.

[34] Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 6–100; Norm abzurufen unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/USCODE-2023-title18/html/USCODE-2023-title18-partI-chap19-sec371.htm.

[35] Zimmermann, Unrecht der Korruption, 2018, S. 470 Fn. 2151. Einzelheiten zur „Conspiracy“ bei N.N. Harvard L. Rev. 72 (1959), 920 ff., abzurufen unter: https://www.jstor.org/stable/1338326; Momsen/Washington ZIS 2019, 182 ff.; 243 ff., abzurufen unter: https://zis-online.com/dat/artikel/2019_3_1275.pdf; https://www.zis-online.com/dat/artikel/2019_4_1283.pdf; zum JCE Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 10. Aufl. 2022, § 15 Rn. 55 ff.

[36] Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1991, 2225.

[37] Die Norm kam daher etwa im Zusammenhang mit dem VW-Dieselskandal zum Einsatz, vgl. DoJ, United States v. Volkswagen, abzurufen unter: https://www.justice.gov/criminal/criminal-vns/case/united-states-v-volkswagen.

[38] Hammerschmidt v. United States, S.Ct., 265 U.S. 182 (1924), abzurufen unter: https://supreme.justia.com/cases/federal/us/265/182/; DoJ, Criminal Resource Manual, Nr. 923, abzurufen unter: https://www.justice.gov/archives/jm/criminal-resource-manual-923-18-usc-371-conspiracy-defraud-us [Übersetzung d. Verf.].

[39] Bundes-Anklage (Fn. 16) Tz. 8 i.V.m. 10.

[40] Siehe dazu Portis Stanford L. Rev. Online Vol. 76 (Januar 2024), 89, 90 Fn. 8, abzurufen unter: https://review.law.stanford.edu/wp-content/uploads/sites/3/2024/01/Portis-76-Stan.-L.-Rev.-Online-89.pdf.

[41] Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 101–104 (Anklagepunkte zwei und drei).

[42] Norm abzurufen unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/USCODE-2023-title18/html/USCODE-2023-title18-partI-chap73-sec1512.htm.

[43] Als (Einheits-)Täter („Principal“) wird gem. 18 U.S.C. § 2, Norm abzurufen unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/USCODE-2023-title18/html/USCODE-2023-title18-partI-chap1-sec2.htm, neben dem eigenhändigen und dem mittelbaren Täter auch derjenige definiert, der dem Haupttäter Beihilfe geleistet oder diesen angestiftet oder verleitet hat. Näher zur einschlägigen Zurechnungsfigur im Trump-Fall Portis Stanford L. Rev.-Online Vol. 76 (Januar 2024), 89, 100 ff.

[44] Norm abzurufen unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/USCODE-2023-title18/html/USCODE-2023-title18-partI-chap13-sec241.htm.

[45] Näher Salch SMU L. Rev. Vol. 20 (January 1966), 913 ff., abzurufen unter: https://scholar.smu.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=3653&context=smulr.

[46] Dazu Margie University of Chicago Legal Forum Vol. 1995, Issue 1, 483 ff, abzurufen unter: https://chicagounbound.uchicago.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1193&context=uclf.

[47] Siehe einerseits Impelli Newsweek 2.8.2023, abzurufen unter: https://www.newsweek.com/donald-trump-conviction-could-death-sentence-1817056; andererseits Frank USA Today 4.8.2023, abzurufen unter: https://eu.usatoday.com/story/news/factcheck/2023/08/04/false-claim-trump-punishment-could-include-death-penalty-fact-check/70531265007; Goldin AP 4.8.2023, abzurufen unter: https://apnews.com/article/fact-check-donald-trump-indictment-sentence-death-penalty-549518347955.

[48] 13 davon betreffen Trump (von denen im Zwischenverfahren inzwischen noch acht übriggeblieben sind).

[49] Die Verschwörung ist nach dem AT des Landesstrafrechts von Georgia als eine Form der Beteiligung ausgestaltet, § 16-4-8 GA Code, Norm abzurufen unter: https://law.justia.com/codes/georgia/title-16/chapter-4/section-16-4-8.

[50] Norm abzurufen unter: https://law.justia.com/codes/georgia/title-16/chapter-10/article-2/section-16-10-20.

[51] Spezifische Verästelungen des Geschehens werden zudem als Urkundenfälschung, Verleitung von Zeugen zur Falschaussage, Falsche Verdächtigung, Meineid sowie als unrechtmäßige Entwendung und Manipulation eines Wahlautomaten gewürdigt.

[52] Norm abzurufen unter: https://law.justia.com/codes/georgia/title-16/chapter-10/article-1/section-16-10-1.

[53] Norm abzurufen unter: https://law.justia.com/codes/georgia/title-16/chapter-10/article-2/section-16-10-23.

[54] Norm abzurufen unter: https://law.justia.com/codes/georgia/title-16/chapter-14/section-16-14-4.

[55] Ausführlich zum RICO-Konzept Federle ZStW 110 (1998), 767 ff.

[56] Der sogenannte Georgia RICO Act, abzurufen unter: https://law.justia.com/codes/georgia/title-16/chapter-14/section-16-14-1, folgt insoweit einem breit angelegten Katalogtatmodell, § 16-14-3(5) GA Code, Norm abzurufen unter: https://law.justia.com/codes/georgia/title-16/chapter-14/section-16-14-3.

[57] Georgia-Anklage (Fn. 12), S. 18.

[58] Bundes-Anklage (Fn. 16), Tz. 3 f.

[59] Vgl. zu dieser Möglichkeit v. Liszt, Die falsche Aussage vor Gericht oder öffentlicher Behörde, 1877, S. 17 ff.

[60] Zur Möglichkeit eines solchen El-Ghazi/Wegner/Zimmermann wistra 2023, 353, 359 f.

[61] Fahl JA 2021, 273 ff.

[62] Im Hinblick auf die zweite Phase (scil. die Abstimmung durch die Fake-Elektoren) ist ein solches Geschehen vor dem Hintergrund des von den USA grundlegend abweichenden Systems zur Wahl der Regierungsspitze hierzulande nicht möglich; der Bundeskanzler wird nicht durch in den Bundesländern bestimmte Wahlleute gewählt. Vergleichbares wäre allenfalls im Hinblick auf die Bundespräsidentenwahl denkbar.

[63] Zur Diskussion siehe nur Rostalski RW 2017, 436 ff.; Weigend NSW 2024, 67 ff., abzurufen unter: https://nsw-online.com/article/strafrechtliche-sanktionen-gegen-fake-news.

[64] Vgl. exemplarisch BVerfG Beschl. v. 7.4.2020 – 2 BvQ 19/20, Rn. 4, abzurufen unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/04/qk20200407_2bvq001920.html (zum Antrag „Deutschland zu verpflichten […] Sara [sic!] Wagenknecht zur neuen Bundeskanzlerin zu ernennen“).

[65] Instruktiv zum Wahlanfechtungsrecht Schemmel JuS 2023, 212 ff.

[66] Zur Möglichkeit eidesstattlicher Versicherungen vor einem Wahlprüfungsgericht vgl. die auf ebensolche Versicherungen gestützte Entscheidung VerfGH Berlin NVwZ 2023, 70.

[67] Vgl. § 7 II 1 BWahlprüfG.

[68] BGH NStZ 2007, 471 f.; Erb, in Münchener Kommentar StGB, Bd. 5, 4. Aufl. 2022, § 271 Rn. 18 f.; Puppe/Schumann, in Nomos-Kommentar StGB, 6. Aufl. 2023, § 271 Rn. 23; Heine/Schuster, in Schönke/Schröder StGB, 30. Aufl. 2019, § 271 Rn. 23.

[69] Siehe § 7 II 2 WahlprüfG NRW (zur Kompetenz des Landtags, „das Wahlergebnis neu festzustellen“); Winkelmann, WahlPrüfG, 2012, § 11 Rn. 3 (zur Kompetenz des BT-Wahlprüfungsausschusses, eine „Neufeststellung des Wahlergebnisses“ vorzunehmen).

[70] Unrichtig ist ein Wahlergebnis, wenn bei seiner Feststellung Stimmen zu Unrecht gezählt, falsch gezählt oder zu Unrecht nicht gezählt werden, Zimmermann ZIS 2011, 982, 993, abzurufen unter: https://www.zis-online.com/dat/artikel/2011_12_639.pdf (Details str.).

[71] MüKo/StGB-Müller, 4. Aufl. 2021, § 107a Rn. 20; Schönke/Schröder-Eser, § 107a Rn. 7; Weidemann, in BeckOK-StGB, 62. Ed. 1.8.2024, § 107a Rn. 11.

[72] Vgl. Zimmermann ZIS 2011, 982, 994.

[73] Vgl. Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, 53. Aufl. 2023, Rn. 847; Kindhäuser/Zimmermann, Strafrecht AT, 11. Aufl 2024, § 39 Rn. 19.

[74] I.E. ebenso Fahl JA 2021, 273.

[75] Dies setzt voraus, dass § 107a II Var. 2 StGB als Lex generalis auch die Beteiligungsformen der Var. 1 (hier: die Anstiftung) mitumfasst; für eine entsprechende Interpretation des § 271 StGB siehe MüKo/StGB-Erb, § 271 Rn. 50.

[76] Zu einer entsprechenden Interpretation des § 271 StGB siehe NK/StGB-Puppe/Schumann, § 271 Rn. 31.

[77] Vgl. BGHSt 66, 137, 140; zur Diskussion Bock/Fülscher HRRS 2024, 11, abzurufen unter: https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/24-01/index.php?sz=6; Eberz WiJ 2023, 83 ff., abzurufen unter: https://wistev.de/app/uploads/2024/01/WiJ_Journal_02.2023.pdf.

[78] LG Potsdam openJur 2023, 8418, abzurufen unter: https://openjur.de/u/2473735.html; LG München bei Sehl LTO 23.11.2023, abzurufen unter: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/lg-muenchen-letzte-generation-klimakleber-durchsuchung-protest-kriminell-vereinigung; zur Debatte Schumacher JuS 2023, 820; Kuhli/Papenfuß KriPoZ 2023, 71, abzurufen unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2023/03/kuhli-papenfuss-warum-die-letzte-generation-noch-keine-kriminelle-vereinigung-ist.pdf; Schönberger/Naujoks VerfBlog 8.11.2023, abzurufen unter: https://verfassungsblog.de/%c2%a7-129-stgb-und-die-erheblichkeit-der-erheblichkeit; Gärditz VerfBlog 25.5.2023, abzurufen unter: https://verfassungsblog.de/organisierte-klimakleber-als-kriminelle-vereinigung; Wenglarczyk VerfBlog 24.5.2023, abzurufen unter: https://verfassungsblog.de/wie-man-eine-kriminelle-vereinigung-macht.

[79] Hierzu Singelnstein/Winkler NJW 2023, 2815 Rn. 9 ff.; NK/StGB-Eschelbach, § 129 Rn. 48 ff.

[80] Zu diesem Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 129 Rn. 9 f.; MüKo/StGB-Schäfer/Anstötz, § 129 Rn. 27; BeckOK/StGB-Kulhanek, 62. Ed., § 129 Rn. 23.