Redaktionelle Leitsätze der Verfasserin
1. Es ist für die Beurteilung der Beihilfestrafbarkeit irrelevant, ob Personen im Rahmen von staatlich organisierten Kriminalitätsstrukturen (hier: Konzentrationslager) formal fester Teil der Struktur sind (hier: der SS) oder im Rahmen eines zivilrechtlichen Verhältnisses angestellt sind. Entscheidend ist die konkret ausgeübte Funktion innerhalb der Struktur.
2. Sekretariatsarbeit im Rahmen organisierter Kriminalitätsstrukturen kann physische Beihilfe darstellen, wenn der Schriftverkehr für die Organisation der spezifisch begangenen Straftaten zentral ist. Ferner kann die Tatsache, dass Sekretäre die „fortwährende Aufrechterhaltung des Betriebs“ absichern und den Haupttätern als „zuverlässige und gehorsame Untergebene zur Verfügung“ stehen, psychische Beihilfe darstellen.
3. Die eine Beihilfestrafbarkeit begrenzenden Grundsätze der sogenannten „(berufstypisch) neutralen Handlungen mit ‚Alltagscharakter‘“ können auch innerhalb systemischer Massenvernichtungslager Anwendung finden. Ihre Bejahung verlangt jedoch entweder objektiv einen nachweislich abgrenzbaren Teil der Tätigkeiten, der auch ohne Bezug zu den Tötungen sinnvoll bleibt (kein deliktischer Sinnbezug), oder die
Nichtkenntnis von den Tötungen bzw. der Förderung dieser durch den eigenen Gehilfenbeitrag.
A. Sachverhalt
Das Landgericht [Itzehoe, Urteil vom 20.12.2022 – 3 KLs 315 Js 15865/16 jug] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen und zum versuchten Mord in fünf Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer auf die ausgeführte Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. […]
Das Landgericht hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Die Angeklagte wurde, nachdem sie eine kaufmännische Handelsschule absolviert und bereits zwei Jahre bei einer Bank als Stenotypistin gearbeitet hatte, im Alter von 18 Jahren ab dem 1. Juni 1943 im Konzentrationslager Stutthof tätig und war dort bis zu ihrer Verlegung in ein anderes Konzentrationslager am 1. April 1945 als einzige Stenotypistin im Kommandaturstab beschäftigt. […]
Das Lager war in das von der nationalsozialistischen „Rassenideologie“ geprägte KZ-System eingegliedert. Dieser lag die Vorstellung von der Vernichtung allen jüdischen sowie aus anderen, rassistischen oder sonst menschenverachtenden Gründen als „unwert“ betrachteten Lebens durch die als „Herrenrasse“ eingeordneten „arischen“ Deutschen zugrunde. […] Spätestens nach der Ermächtigung Reinhard Heydrichs, die „Gesamtlösung der Judenfrage“ organisatorisch vorzubereiten, sowie den auf der Wannsee-Konferenz von 1942 getroffenen Entscheidungen fungierte das KZ-System als zentraler Grundstein bei der Umsetzung der Ermordung der europäischen Juden. Das Konzentrationslager Stutthof diente zu Beginn der Ausbeutung von Häftlingen, die gemäß den Vorgaben des KZ-Systems zunächst noch bis zur völligen Entkräftung zur Zwangsarbeit eingesetzt werden sollten, wobei die Lagerverantwortlichen billigend in Kauf nahmen, dass die Gefangenen durch schwere körperliche Arbeit und/oder die geschaffenen und aufrechterhaltenen schlechten Lebensbedingungen in großer Zahl eines unnatürlichen Todes starben.
Dementsprechend waren die Haftbedingungen in dem Lager spätestens ab dem 1. Juni 1943 in so hohem Maße lebensfeindlich, dass zahlreiche der Lagerinsassen hierdurch verstarben. So herrschte eine ständige Unterversorgung mit Nahrung und frischem Trinkwasser. […] Jede Form der üblichen Körperhygiene (Zähneputzen, Waschen, die Benutzung von Toilettenpapier oder Hygieneartikeln) war den Gefangenen verwehrt. Die sanitären Anlagen standen in viel zu geringer Anzahl zur Verfügung und waren nicht hygienisch; Exkremente fanden sich stets auch in den Baracken auf den als Schlafplatz dienenden Pritschen oder auf den Böden. […] Die Kälte, der die Gefangenen vor allem in den Wintermonaten bei oft erheblichen Minusgraden nahezu ungeschützt ausgesetzt waren, führte zu Erkältungskrankheiten bis hin zu Erfrierungen von Gliedmaßen und tödlichen Unterkühlungen, an denen die Gefangenen unter erheblichen Leiden starben.
[…] [B]is zum Sommer 1944 waren dort [im Konzentrationslager Stutthof] bis zu 60.000 Häftlinge angekommen. Angesichts der durch einen starken Anstieg der ankommenden, überwiegend jüdischen Häftlinge bedingten Überbelegung und zur „Vernichtung unwerten Lebens“ begannen regelmäßige Massentötungen. Spätestens Anfang September 1944 wurde dem Lagerkommandanten die Erlaubnis zur Ermordung aller arbeitsunfähigen Häftlinge „in eigener Verantwortlichkeit“ erteilt. Die Tötung der Häftlinge wurde im Konzentrationslager Stutthof insbesondere auf die folgende Art und Weise ins Werk gesetzt:
Mindestens 9.500 Häftlinge verstarben in der Zeit vom 1. Juni 1943 bis zum 31. März 1945 aufgrund der im Lager herrschenden, auf Befehle des Lagerkommandanten zurückgehenden lebensfeindlichen Bedingungen unter schweren körperlichen Leiden und seelischen Qualen. […] Spätestens als im Herbst 1944 eine Fleckfieber-Epidemie ausbrach, hatten sie [die Lagerleitung und die Verantwortlichen im SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt] darüber hinaus die Absicht, jüdische Häftlinge durch Verweigerung medizinischer Hilfe zu töten. […]
Mit drei Transporten im Jahr 1944 wurden mehrere Tausend als nur bedingt arbeitsfähig angesehene Häftlinge aufgrund von Anordnungen Verantwortlicher des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamts und entsprechender Befehle des Lagerkommandanten mit der Eisenbahn auf „Vernichtungstransporten“ in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau
gebracht, wo sie unter erheblichen körperlichen Leiden und seelischen Qualen in Gaskammern mit Zyklon B getötet werden sollten. […]
Auch im Konzentrationslager Stutthof wurden auf Anordnung des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamts und auf Befehl des Lagerkommandanten zwischen Oktober und Dezember 1944 mindestens 1.000 zuvor von einem Lagerarzt bestimmte, arbeitsunfähige Häftlinge mittels Zyklon B getötet, nachdem sie zuvor in einer Entwesungskammer oder in einem umgebauten Eisenbahnwaggon eingesperrt worden waren. […]
Schließlich wurden wegen des Vormarschs der sowjetischen Streitkräfte ab Ende Januar 1945 mindestens 11.000 Häftlinge aufgrund eines mit dem SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt abgestimmten Befehls des Lagerkommandanten dazu gezwungen, sich unter ständiger Bewachung und unter lebensfeindlichen Bedingungen zu Fuß auf einen „Todesmarsch“ in ein anderes Lager zu begeben. Dabei nahm die Lagerleitung den Tod der Häftlinge, der insbesondere durch unzureichende Nahrung, Kälte und Entkräftung verursacht wurde, billigend in Kauf; die erheblichen Leiden und Qualen der Häftlinge auf diesem Todesmarsch waren ihr bewusst und von ihrem Willen umfasst. […]
Die Angeklagte war im Konzentrationslager Stutthof im Geschäftszimmer der Abteilung I eingesetzt und arbeitete als einzige Stenotypistin des Geschäftszimmers mit zunehmend intensiven Arbeitszeiten ohne längere Krankschreibungen oder Beurlaubung vertrauensvoll dem Lagerkommandanten und dessen Adjutanten zu. Insbesondere wurde der in großem Umfang anfallende Schriftverkehr im Geschäftszimmer abgewickelt, der zur Organisation und Durchführung der vielfachen Tötungen – die auf zahlreichen administrativen Vorgängen und umfangreicher Kommunikation der Beteiligten beruhten – innerhalb der behördengleichen Verwaltungsstruktur des KZ-Systems zwingend erforderlich war. […]
Der ausgehende Schriftverkehr fiel ebenfalls in die Zuständigkeit des Geschäftszimmers und damit auch der Angeklagten als einziger Stenotypistin. Sie nahm den Großteil der die dienstliche Korrespondenz betreffenden Diktate des Lagerkommandanten in Stenografie auf und erstellte davon maschinenschriftliche Reinschriften, die – gegebenenfalls nach Anbringung etwaiger Korrekturen – durch den Lagerkommandanten unterzeichnet und alsdann auf dem jeweils vorgesehenen Weg (postalisch, per Fernschreiben oder Funk) versandt wurden. Auch die regelmäßig ergehenden Kommandanturbefehle, auf deren Grundlage die täglichen
Abläufe im Konzentrationslager Stutthof strukturiert und organisiert wurden und die der Lagerkommandant erstellte, wurden durch das Geschäftszimmer verschriftlicht, vom Kommandanten in maschinengeschriebener Form unterzeichnet und dann vom Geschäftszimmer aus im Lager bekannt gegeben.
2. Das Landgericht hat die beschriebenen Tätigkeiten als Beihilfe der Angeklagten zu den genannten Haupttaten (Mord in 10.505 Fällen und versuchter Mord in 5 Fällen) des Lagerkommandanten und der weiteren in der Lagerleitung tätigen SS-Männer sowie der befehlsgebenden nationalsozialistischen Machthaber und der führenden SS-Funktionäre, namentlich Heinrich Himmler und Adolf Hitler gewertet. Die Bearbeitung des Schriftverkehrs sei aufgrund dessen zwingender Erforderlichkeit eine für die Ermöglichung der Tatausführung wesentliche Aufgabe gewesen. Dies gelte zum einen für die Kommunikation nach außen, wie etwa bei der Bestellung von Material für Tötungen mit dem Giftgas Zyklon B oder der Abfassung des im Zusammenhang mit Gefangenentransporten insbesondere den „Vernichtungstransporten“ umfangreich, kleinteilig und in hoher Frequenz geführten Schriftverkehrs mit anderen Konzentrationslagern und der Amtsgruppe D, zum anderen aber auch für lagerinterne Schreiben wie die regelmäßigen Kommandanturbefehle, die den Lageralltag regelten und auch die Tötung von Gefangenen betreffende Anweisungen enthielten.
Bei der Erstellung dieses die Haupttaten betreffenden Schriftverkehrs habe die Angeklagte den Lagerkommandanten und dessen Adjutanten unterstützt, indem sie die ihr diktierten Texte formgerecht und sauber niedergelegt habe, so dass sie anschließend an die jeweiligen Adressaten weitergegeben werden konnten. Auch wenn mangels Ab-Verfügungen oder Handzeichen nicht festgestellt werden konnte, welche der tatrelevanten Schriftstücke von der Angeklagten geschrieben wurden, ist das Landgericht davon ausgegangen, dass jedenfalls der Großteil der dienstlichen Korrespondenz von ihr bearbeitet wurde, sie mithin die Haupttäter dadurch physisch unterstützt habe.
Dadurch, dass sie der Lagerleitung während ihrer gesamten Dienstzeit als zuverlässige und gehorsame Untergebene zur Verfügung gestanden und die Aufrechterhaltung des Betriebs des Konzentrationslagers und das Gefangenhalten der Inhaftierten abgesichert habe, habe sie die Haupttäter bei der Begehung der zur Verurteilung gelangten Haupttaten
bestärkt und psychisch unterstützt. Sie habe an der zentralen Schnittstelle des Lagers gearbeitet, an der alle relevanten, auch die Tötungen von Gefangenen betreffenden Entscheidungen getroffen wurden, und ein enges dienstliches Verhältnis zum Kommandanten unterhalten. So sei sie für die Lagerleitung von essenzieller Bedeutung gewesen für das Gefangenhalten von Menschen, die zwangsweise Ausnutzung von deren Arbeitskraft und für die Ermordung der aus Sicht der „Rassenideologie“ des NS-Regimes „wertlosen Volksschädlinge“.
Der Angeklagten seien die lebensfeindlichen Umstände im Konzentrationslager durchgehend schon vom Beginn ihrer Tätigkeit an bekannt gewesen. Nach den Feststellungen des Landgerichts konnte sie aus den von ihr genutzten Büroräumen auf das sogenannte Neue Lager blicken, wenn auch ein deutliches Erkennen von Personen oder deren Handlungen allenfalls im Bereich der vorderen Blockreihen möglich war. Uneingeschränkt einsehbar und aufgrund der Distanz gut zu erkennen war der Sammelplatz vor dem Eingangstor zum Neuen Lager und die sich dort abspielenden Ereignisse. […]
Dass es der Angeklagten gelungen sein könnte, sich beinahe zwei Jahre nahezu dauerhaft im Konzentrationslager Stutthof aufzuhalten und dabei nicht auch das Tor zum Alten Lager, die dahinter liegenden Baracken und schließlich den Schornstein des wiederum hinter dem Alten Lager befindlichen Krematoriums wahrzunehmen, hat die Strafkammer für ausgeschlossen gehalten. Sie habe den katastrophalen körperlichen Zustand der Gefangenen, ihre unzureichende Versorgung mit Nahrung und angemessener Kleidung und die mangelhaften hygienischen Zustände gesehen und zudem den täglich präsenten Geruch verbrannten Menschenfleisches wahrgenommen, der aus dem Schornstein des Krematoriums kam.
Die Angeklagte habe es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass die Lagerleitung den durch die Schaffung und Aufrechterhaltung der lebensfeindlichen Umstände verursachten Tod der Häftlinge mindestens billigend in Kauf nahm. Die Angeklagte habe auch von den Umständen Kenntnis gehabt, die bei den Gefangenen zu erheblichen körperlichen und/oder seelischen Qualen führten und davon, dass diese auch der Lagerleitung bekannt waren, diese sie aber in gefühlloser und unbarmherziger Gesinnung zumindest hinnahm. Spätestens ab Oktober 1944 habe die Angeklagte von den Tötungen im Lager mit Zyklon B gewusst, die mit Wissen und direktem Wollen der Lagerleitung – wiederum
unter Zufügung erheblicher Qualen – durchgeführt wurden. Die Angeklagte habe zudem gewusst, dass die Lagerleitung die im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau handelnden Haupttäter willentlich bei deren Morden mittels Zyklon B unterstützte, indem sie mit Vernichtungstransporten Gefangene aus Stutthof nach Auschwitz-Birkenau transportieren ließ. Schließlich sei ihr auch bewusst gewesen, dass die Lagerleitung durch die Todesmärsche den qualvollen Tod der betreffenden Gefangenen zumindest billigend in Kauf genommen habe.
Die Angeklagte habe gewusst, dass sie mit ihrer Tätigkeit den Lagerkommandanten und die weiteren in der Lagerleitung tätigen SS-Männer bei ihren Haupttaten teilweise unmittelbar physisch unterstützt habe. Soweit sie Schriftverkehr bearbeitet habe, der einen direkten Zusammenhang zu den stattfindenden Tötungen hatte, habe sie billigend in Kauf genommen, dass sie den Haupttätern konkret physisch bei der für die Begehung der Taten notwendigen Vorbereitung, Organisation und Abwicklung half. Soweit Tötungen ohne direkten Zusammenhang mit von ihr bearbeiteten Schreiben begangen wurden, sei ihr dennoch bewusst gewesen, dass zur Durchführung und Umsetzung der mit der Tötung von Gefangenen einhergehenden Befehle der Lagerleitung ein System aus jederzeit zur Verfügung stehenden, die Befehle nicht hinterfragenden Untergebenen eine wichtige Voraussetzung war. Sie habe gewusst, dass sie mit ihrer fortgesetzten Diensttätigkeit und der stetigen Bereitschaft, für den Betrieb des Konzentrationslagers unerlässliche, unterstützende Schreib- und Büroarbeiten zu übernehmen, zur Aufrechterhaltung des Lagers einschließlich der mit seinem Betrieb verfolgten Ziele beitrug. Sie habe es damit für möglich gehalten und mindestens billigend in Kauf genommen, dass sie die Lagerleitung durch ihre konkreten Tätigkeiten bei Tötungsaktionen auch psychisch unterstützte.
B. Aus den Gründen
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. […]
Die Revision der Angeklagten ist unbegründet. […]
2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch. […]
Rechtsfehler bei der Feststellung und Bewertung der Haupttaten sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht vorgetragen.
Insbesondere steht der rechtsfehlerfreien Beurteilung der Handlungen der Haupttäter als täterschaftliche Tatbeiträge nicht entgegen, dass etwa der Lagerkommandant in dem gegen ihn geführten Strafverfahren vor dem Landgericht Bochum im Jahr 1957 lediglich wegen „Beihilfe zu einem Morde, begangen an mehreren hundert Menschen“ verurteilt worden ist (vgl. zur Kritik an dieser „Beihilferechtsprechung“ und ihren Folgen für die weitere Strafverfolgung Freudiger, Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen, 2002, S. 143 ff. mwN), denn dieses Urteil entfaltet schon keine Bindungswirkung (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 9. März 2010 – 4 StR 640/09, NStZ 2010, 529; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., Einl. Rn. 170 mwN).
b) Entgegen der in der Revisionsrechtfertigung vertretenen Auffassung lässt auch die an allgemeinen Grundsätzen zu bemessende Würdigung der Strafkammer, die Angeklagte habe zu den genannten Haupttaten Beihilfe geleistet, Rechtsfehler nicht erkennen. Im Einzelnen:
aa) Hilfe im Sinne von § 27 StGB leistet – bei Erfolgsdelikten wie den hier in Rede stehenden – derjenige, der eine Handlung begeht, welche die Herbeiführung des Taterfolgs durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert. Es ist nicht erforderlich, dass sie für den Eintritt dieses Erfolgs in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 3 StR 236/17, BGHSt 64, 10, 31; Beschlüsse vom 21. April 2020 – 4 StR 287/19, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 37 Rn. 15; vom 28. Juli 2020 – 2 StR 64/20 Rn. 7 jeweils mwN). In zeitlicher Hinsicht kann Beihilfe schon im Vorbereitungsstadium der Tat geleistet werden, und zwar selbst zu einem Zeitpunkt, in dem der Haupttäter zur Tatbegehung noch nicht entschlossen ist; auch noch nach Vollendung der Tat bis zu deren Beendigung ist sie möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 3 StR 49/16, BGHSt 61, 252, 257 f. mwN). Als physische Beihilfe kommt jede Art von Tätigkeit in Frage, die nicht ihrerseits Täterschaft ist, ohne dass es auf deren Gewicht im Verhältnis zur Haupttat ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 389; LK/Schünemann/Greco, StGB, 13. Aufl., § 27 Rn. 49 mwN). In der Form der sogenannten psychischen Beihilfe kann die Tat auch dadurch objektiv gefördert werden, dass der Haupttäter ausdrücklich oder auch nur konkludent in seinem Willen zur Tatbegehung – sei es auch bereits in seinem Tatentschluss – bestärkt wird (vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 – 3 StR 236/17, BGHSt 64, 10, 31 mwN).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die strafrechtliche Bewertung von Handlungen in Rede steht, die im Rahmen von oder im Zusammenhang mit staatlich organisierten Massenverbrechen vorgenommen werden. Bei ihrer Anwendung dürfen nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch die Besonderheiten nicht außer Betracht bleiben, die sich bei einer Tatserie wie dem systematischen Völkermord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland in tatsächlicher Hinsicht daraus ergeben, dass an jeder einzelnen bei dessen Verwirklichung begangenen Mordtat einerseits eine Vielzahl von Personen in politisch, verwaltungstechnisch oder militärisch-hierarchisch verantwortlicher Position ohne eigenhändige Ausführung einer Tötungshandlung beteiligt war, andererseits aber auch eine Mehrzahl von Personen in Befolgung hoheitlicher Anordnungen und im Rahmen einer hierarchischen Befehlskette unmittelbar an der Durchführung der einzelnen Tötungen mitwirkte. Dies ist bei der rechtlichen Bewertung von Handlungen eines lediglich als Tatgehilfe in Betracht kommenden Beteiligten in den Blick zu nehmen und zu prüfen, ob dessen Handlungen die Tathandlung zumindest eines der an dem Mord täterschaftlich Mitwirkenden im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB gefördert haben (vgl. zu alldem eingehend BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 3 StR 49/16, BGHSt 61, 252, 258 f.).
Der Senat schließt sich dieser neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an; er ist an sie in ihren tragenden Entscheidungsteilen zudem gebunden (vgl. § 132 Abs. 2 GVG). Auf ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, etwa das mehrfach auch in der Hauptverhandlung erwähnte Urteil des 2. Strafsenats (Urteil vom 20. Februar 1969 – 2 StR 280/67, auszugsweise abgedruckt in NJW 1969, 2056), in dem dieser Senat ausgeführt hat, es sei „nicht angängig“, dass „jeder, der in das Vernichtungsprogramm des Konzentrationslagers Auschwitz eingegliedert war und dort irgendwie anläßlich dieses Programms tätig wurde, sich objektiv an den Morden beteiligt hat und für alles Geschehene verantwortlich“ zu machen sei, kommt es danach nicht mehr entscheidend an. Es kann deshalb auch offenbleiben, ob der zitierte Beschluss des 3. Strafsenats zu dieser älteren Entscheidung, die für die in der Folgezeit fehlgeleitete Verfolgungspraxis zumindest mitursächlich war (vgl. Rommel, NStZ 2017, 161, 162; Kurz, ZIS 2013, 122, 124 f.; kritisch dazu Roxin, JR 2017, 88, 89 f.), in Widerspruch stand oder ob der Senat von dieser Rechtsprechung heute abweichen würde. Im Übrigen liegt ein Fall, in
dem die Angeklagte bloß „irgendwie“, also ohne konkreten Bezug zu den Haupttaten, für „alles Geschehene“ im Konzentrationslager Stutthof verantwortlich gemacht wird, ersichtlich nicht vor (vgl. dazu im Folgenden ab bb).
Nach der neueren Rechtsprechung ist auf die generell geltenden, allgemeinen Grundsätze zur Beihilfestrafbarkeit abzustellen (vgl. zu diesem Ansatz auch Rommel, NStZ 2017, 161, 162); danach kommt es in rechtlicher Hinsicht nicht darauf an, ob die festgestellte Hilfeleistung in einem „Vernichtungslager“, einem Konzentrationslager oder einem anders bezeichneten und ausgestalteten Lager erbracht wurde (vgl. zur Irrelevanz der Unterscheidung nach Lagerarten auch Baun, Beihilfe zu NS-Gewaltverbrechen, 2019, S. 381 ff.). Ebenso wenig ist rechtlich für sich genommen von Bedeutung, ob die zu beurteilenden Handlungen – wie in früheren Entscheidungen – von Wachpersonal begangen wurden, oder – wie hier – von einer Zivilangestellten der SS. Vielmehr sind nach allgemeinen Grundsätzen die Haupttaten und die diese gegebenenfalls fördernden Handlungen des Gehilfen in jedem Einzelfall in den Blick zu nehmen, wobei freilich eine nach Tagesereignissen fragmentierte Betrachtungsweise (vgl. dazu Kurz, ZIS 2013, 122, 123) nicht geboten ist.
bb) Es begegnet keinen Bedenken, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, die Angeklagte habe durch ihre Tätigkeit als einzige Stenotypistin im Geschäftszimmer der Abteilung I, das unmittelbar dem Lagerkommandanten und dessen Adjutanten zuarbeitete, und die insoweit erbrachte Bearbeitung des Schriftverkehrs körperliche Beihilfe zu allen Haupttaten geleistet. Diese Tätigkeiten waren für die Ermöglichung der Tatausführung relevant, weil die Bearbeitung von Schriftverkehr, welcher zur Organisation und Durchführung der zahlreichen Tötungen – die nicht auf spontanem, zufälligem oder vereinzeltem Handeln, sondern auf zahlreichen administrativen Vorgängen und umfangreicher Kommunikation der Beteiligten beruhten – in der organisierten, behördengleichen Verwaltungsstruktur des KZ-Systems zwingend erforderlich war. […]
Dass das Landgericht mangels Ab-Verfügungen oder Handzeichen nicht hat feststellen können, welche der tatrelevanten Schriftstücke von der Angeklagten geschrieben wurden, führt zu keiner anderen Bewertung, insbesondere entfällt damit nicht die Bedeutung der die Haupttäter objektiv und körperlich unterstützenden Tätigkeit der Angeklagten im Geschäftszimmer der Abteilung I.
[…] Auch wenn eine Zuordnung zu einzelnen Schriftstücken nicht möglich sein mag, musste sich die Strafkammer angesichts des Umstands, dass die Angeklagte den Großteil der dienstlichen Korrespondenz des Lagerkommandanten bearbeitete, nicht mit der bloß theoretischen Möglichkeit befassen, dass sie kein einziges der einen solchen Bezug zu den Mordtaten aufweisenden Schriftstücke bearbeitet haben könnte. Insoweit entsprach die Beweislage derjenigen in Fällen der – zulässigen – Verurteilung aufgrund wahldeutiger Tatsachengrundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2022 – 5 StR 464/21, NStZ-RR 2022, 308, 309 mwN).
cc) Die Strafkammer hat zudem zu Recht ausgeführt, dass die Angeklagte die Haupttäter auch in psychischer Hinsicht bei der Durchführung sämtlicher ihr zugerechneter Taten unterstützte, indem sie der Lagerleitung, mit der sie während ihrer gesamten Dienstzeit vertrauensvoll zusammenarbeitete, in der beschriebenen Art und Weise als zuverlässige und gehorsame Untergebene zur Verfügung stand und durch ihre Tätigkeit fortwährend die Aufrechterhaltung des Betriebs des Konzentrationslagers und das Gefangenhalten der Inhaftierten absicherte. […]
[…] Das Landgericht hat im Blick gehabt, dass zu den hier verfahrensgegenständlichen Mordtaten Mittäter auf mehreren Ebenen in unterschiedlichsten Funktionen sowie mit verschiedensten Tathandlungen zusammenwirkten. Es hat folgerichtig geprüft, ob die Handlungen der Angeklagten die Tathandlung zumindest eines der an dem Mord täterschaftlich Mitwirkenden im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB gefördert haben und dies – jedenfalls den Lagerkommandanten und seinen Adjutanten betreffend – bejaht; dies genügt. Deshalb ist es ohne Bedeutung, ob […] die für die Tötungen in Auschwitz-Birkenau Verantwortlichen durch die gehorsame und untergebene Diensterfüllung der Angeklagten in ihrem Tatentschluss bestärkt wurden. Aus dem gleichen Grund kommt es auch nicht darauf an, ob hier – anders als in der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. September 2016 (3 StR 49/16, BGHSt 61, 252 zur „Ungarn-Aktion“) – ein direkter Bezug der Tätigkeit der Angeklagten zu der Anordnung bestimmter Tötungsaktionen durch die nationalsozialistischen Machthaber und die führenden SS-Funktionäre hergestellt werden kann. […]
dd) Das Landgericht hat schließlich auf der Grundlage einer umfassenden und eingehenden Beweiswürdigung mit rechtsfehlerfreier Begründung das Vorliegen des erforderlichen doppelten Gehilfenvorsatzes bei
der Angeklagten bejaht. Sie nahm die vorsätzliche und rechtswidrige Begehung der grausamen Morde durch die von ihr unterstützten Haupttäter billigend in Kauf und förderte deren Handeln – insbesondere dasjenige des Lagerkommandanten und des Adjutanten – wissentlich und willentlich. Hierzu hat die Strafkammer – wie aus den oben referierten Ausführungen ersichtlich – detaillierte Feststellungen zu dem die unterschiedlichen Tötungsarten betreffenden Kenntnisstand der Angeklagten getroffen und diese Feststellungen jeweils beweiswürdigend unterlegt. […]
ee) Schließlich steht der Bewertung der Tathandlungen der Angeklagten als strafbare Beihilfe auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu sogenannten (berufstypisch) neutralen Handlungen mit „Alltagscharakter“ (vgl. etwa BGH, Urteile vom 8. März 2001 – 4 StR 453/00, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 22 mwN; vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176, 178 mwN; Beschluss vom 26. Januar 2017 – 1 StR 636/16, NStZ 2017, 461 f. jeweils mwN) entgegen. Danach gilt:
(1) Wird strafbares Verhalten nach den dargelegten Grundsätzen gefördert, kann dies grundsätzlich auch durch äußerlich neutrale, berufstypische Handlungen geschehen. In diesen Fällen bedarf es aber einer bewertenden Betrachtung im Einzelfall (BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 – 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996, 2999) zur Begrenzung von strafbarem Beihilfeunrecht bei Verhaltensweisen, die der Hilfeleistende jedem anderen in der Lage des Täters gegenüber ebenfalls vorgenommen hätte, weil er mit seiner Handlung – im Vorhinein (auch) – tat- und täterunabhängige eigene, rechtlich als solche nicht missbilligte Zwecke verfolgte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176, 178).
Hierzu hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung folgende Grundsätze aufgestellt:
Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter nicht mehr als sozialadäquat anzusehen (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176, 178). Das Merkmal der „Ausschließlichkeit“ betrifft den sogenannten deliktischen Sinnbezug (vgl. Schmorl, Die Grenzen der Beihilfestrafbarkeit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 2022, S. 146 ff., 159 ff.) und damit in
objektiver Hinsicht die Frage, ob durch den Beitrag des Gehilfen das konkrete strafbare Verhalten des Haupttäters gefördert wurde (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176, 178).
Hat die geförderte Handlung nicht ausschließlich deliktische, sondern auch legale Bestandteile, wird dadurch eine strafbare Beihilfe ausgeschlossen, wenn sich der Beitrag des Gehilfen auf die legalen Bestandteile beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2001 – 4 StR 453/00, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 22). Es fehlt dann der deliktische Sinnbezug, weil der Beitrag des Gehilfen auch ohne das strafbare Handeln des Täters für diesen sinnvoll bleibt, der Gehilfe mithin zwar den Täter, nicht aber unmittelbar dessen strafbares Tun durch seinen Beitrag unterstützt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176, 178).
Aus subjektiven Gründen kommt eine Einschränkung der Strafbarkeit der Beihilfe in Betracht, wenn der Hilfeleistende nicht weiß, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, und er es zwar für möglich hält, dass sein Handeln zur Begehung einer Straftat genutzt wird, er aber aufgrund des Alltagscharakters seines Tuns darauf vertrauen darf, dass dies nicht geschieht. Anderes gilt allerdings wiederum, wenn das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des unterstützten Haupttäters derart hoch war, dass der Gehilfe sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, wistra 2014, 176, 178 mwN; Beschluss vom 26. Januar 2017 – 1 StR 636/16, NStZ 2017, 461 f. mwN).
(2) Nach diesen Maßgaben kommt – wie schon das Landgericht zutreffend angenommen hat – eine straflose Mitwirkung der Angeklagten nicht in Betracht. Die von ihr unterstützten Haupttäter handelten mit dem Betrieb der Konzentrationslager jedenfalls in der Tatzeit ausschließlich verbrecherisch, indem sie die Lagerinsassen unter menschenunwürdigen und lebensfeindlichen Bedingungen gefangen hielten, bis zu dem hierdurch bewirkten vorzeitigen Tod zwangsweise ihre Arbeitskraft ausnutzten und so aus Sicht der „Rassenideologie“ des NS-Regimes „wertlose Volksschädlinge“ ermordeten. […]
Dabei kommt es aufgrund der festgestellten, schon zu Beginn der Tätigkeit der Angeklagten bestehenden und ihr positiv bekannten katastrophalen Lebensbedingungen für die Gefangenen in dem
Konzentrationslager Stutthof nicht darauf an, dass diese jedenfalls zu Beginn der Tatzeit noch nicht sofort getötet werden sollten, sondern zunächst ihre Arbeitskraft noch bis zur völligen Erschöpfung ausgebeutet wurde. […] Dass die Haupttäter insoweit nach den Urteilsgründen lediglich mit bedingtem Tötungsvorsatz handelten, steht der Annahme des deliktischen Sinnbezugs der Beihilfehandlungen der Angeklagten nicht entgegen. Denn bei diesem handelt es sich um ein objektives Merkmal, für das es auf eine subjektive Zwecksetzung der Haupttäter nicht ankommt (vgl. Schmorl aaO, S. 162), insbesondere ist nicht erforderlich, dass die Haupttäter mit Tötungsabsicht handelten. Gleiches gilt, soweit die Haupttäter die Häftlinge unter lebensfeindlichen Bedingungen zwangen, sich auf „Todesmärsche“ zu begeben. Die Tötungen durch die Vergiftung mit Zyklon B und durch das Verschicken auf sogenannte Vernichtungstransporte nach Auschwitz-Birkenau waren von den Haupttätern schließlich nach den Feststellungen des Landgerichts beabsichtigt.
Die Angeklagte wusste nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, dass die von ihr unterstützten Haupttäter in der aufgezeigten Weise verbrecherisch handelten und ihr war bewusst, dass sie sie durch ihre Tätigkeit unterstützte. […] Es erschließt sich angesichts dessen entgegen dem Revisionsvorbringen auch nicht, wie die Angeklagte angenommen haben könnte, mit ihrer Tätigkeit lediglich einen von dem strafbaren Tun der Haupttäter ablösbaren Beitrag zu leisten.
(3) Im Ergebnis liegen damit die Voraussetzungen vor, unter denen nach der genannten Rechtsprechung das Handeln des Hilfeleistenden – hier der Angeklagten – den „Alltagscharakter“ verloren hatte und es als „Solidarisierung“ mit den Haupttätern zu deuten und deshalb nicht mehr als sozialadäquat anzusehen war. Der deliktische Sinnbezug zu den von den Haupttätern begangenen grausamen Morden war durchweg gegeben; die Angeklagte beschränkte sich – auch wenn sich der Schriftverkehr vereinzelt etwa auf die Bestellung unverfänglicher Güter bezogen haben mag – eben nicht auf Handlungen, die unabhängig von den Straftaten der KZ-Betreiber sinnvoll und nötig waren (vgl. dazu etwa Roxin, JR 2017, 88, 89).
Der Senat muss deshalb nicht mehr der Frage nachgehen, ob in Fällen wie dem vorliegenden, in denen es um eine Tätigkeit in einem Konzentrationslager im Zusammenhang mit dem – hier – millionenfachen Mord geht, überhaupt Verhaltensweisen denkbar sind, mit denen ein Gehilfe im Sinne der aufgezeigten Grundsätze zur Beihilfestrafbarkeit neutraler
Handlungen tat- und täterunabhängige eigene, rechtlich als solche nicht missbilligte Zwecke verfolgt (dagegen etwa Werle/Burghardt, Festschrift für Werner Beulke, 2015, S. 339, 349, 351 f., die davon ausgehen, neutrale Handlungen kämen für das Lagerpersonal von Konzentrationslagern nicht in Betracht; gegen einen generellen Ausschluss der Grundsätze der neutralen Handlungen auf Beihilfe zu nationalsozialistischen Gewaltverbrechen und für eine Prüfung nach allgemeinen Grundsätzen aber etwa Baun aaO, S. 383; Roxin aaO).
3. Das Landgericht hat die Schuld der Angeklagten zu Recht bejaht. Insbesondere hat es mit rechtsfehlerfreier Würdigung ausgeschlossen, dass die strafrechtliche Verantwortung der Angeklagten nach § 47 MilStGB in der Fassung vom 10. Oktober 1940 entfallen sein könnte, weil sie von Beginn ihrer Tätigkeit an erkannte, dass die ihr erteilten Befehle dazu dienten, die auch von ihr als verbrecherisch erkannten Mordtaten zu begehen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 17. Juni 2004 – 5 StR 115/03, BGHSt 49, 189, 194 f.). Einen Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB hat die Strafkammer ebenso verneint wie einen entschuldigenden Befehlsnotstand; Rechtsfehler lassen diese Würdigungen nicht erkennen.
4. Auch der Rechtsfolgenausspruch hat Bestand; Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten hat die revisionsgerichtliche Überprüfung nicht erbracht.
C. Würdigung von Daria Bayer
I. Die Entscheidung stellt mit großer Wahrscheinlichkeit die letzte[1] höchstrichterliche Möglichkeit zur strafrechtlichen Aufarbeitung nationalsozialistischen Unrechts dar.[2] Sie ist zeitgeschichtlich[3] von besonderer Relevanz. Die mündliche Verhandlung und die Urteilsverkündung im
letzten Jahr hatten dementsprechend für große öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt. Die schriftlichen Urteilsgründe werden dagegen in der Strafrechtswissenschaft bislang wenig beachtet.[4] Dabei enthalten diese erhellende Konkretisierungen zur Reichweite der Beihilfestrafbarkeit im Rahmen (staatlich) organisierter Kriminalitätsstrukturen,[5] insbesondere in Bezug auf deren Begrenzung nach den Grundsätzen der „neutralen Beihilfe“ und den hierfür erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatsachenseite. Das Urteil bietet auch Anlass für eine kritische Reflexion des Verhältnisses von individueller Verantwortlichkeit, kollektiver Straftatbegehung und gesellschaftlichem Bestrafungsbedürfnis.
II. Im Wesentlichen ging es bei der Entscheidung um folgende Fragen:
1. Ist die Tätigkeit der Angeklagten im Rahmen der organisierten Verbrechensstruktur des Konzentrationslagers hinreichend konkret festgestellt?
2. Inwieweit hat sich ihr Handeln auf das Handeln der Haupttäter ausgewirkt?
3. Kommt eine Begrenzung der Strafbarkeit nach den Grundsätzen der sogenannten „(berufstypisch) neutralen Handlungen mit ‚Alltagscharakter‘“ in Betracht?[6]
Diesbezüglich stellt der Senat zunächst klar, dass auch im Rahmen staatlich organisierter Kriminalitätsstrukturen, selbst in Konzentrationslagern, kein „Sonderrecht“ gilt. Es finden die allgemeinen Beihilfegrundsätze Anwendung. § 27 StGB setzt objektiv das „Fördern“ von vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Haupttaten, das heißt eine (konkrete) strafrechtliche Risikomitschaffung oder -erhöhung[7] und subjektiv Vorsatz sowohl in Bezug auf die Haupttaten als auch in Bezug auf die Förderung dieser voraus.
Bei systematischer Straftatbegehung durch organisierte Kriminalitätsstrukturen sind jedoch die einzelnen Tathandlungen nicht isoliert von-
einander, sondern im Gesamtkontext des Organisationsvorhabens zu betrachten. Dies erinnert an das aus dem Völkerstrafrecht bekannte Modell der systemischen Zurechnung.[8] Hierdurch wird die strafrechtliche Zurechnung nicht unzulässig ausgeweitet: Denn nicht jede Person, die irgendwie in eine organisierte Kriminalitätsstruktur eingegliedert ist oder diese unterstützt, ist für alle von der Organisation begangenen Straftaten strafrechtlich verantwortlich.[9] Strafbar wegen Beihilfe zu konkreten Taten ist nur, wer diese mindestens eventualvorsätzlich durch konkrete Handlungen erleichtert oder ermöglicht hat.[10]
Hierzu hatte das Landgericht dem Senat zufolge ausreichende Feststellungen getroffen: Die Angeklagte hatte 22 Monate lang in intensiven Arbeitszeiten im Konzentrationslager Stutthof gearbeitet. Sie war als die einzige Stenotypistin des Lagerkommandanten eine zentrale Schaltstelle der Kommunikation innerhalb des Konzentrationslagers Stutthof und der gesamten Struktur der Konzentrationslager gewesen. Sie übte damit für die bürokratische Organisation der Massenmorde eine wichtige Funktion aus. Das Landgericht hatte der Angeklagten ferner nur die genau festgestellten Taten (10.505 vollendete und 5 versuchte Morde) zugerechnet, die während ihrer Anstellung begangen worden waren und von denen sie wissen konnte.
III. Der Fall wies im Verhältnis zu anderen (nur in einem Fall höchstrichterlich entschiedenen) Verfahren gegen NS-Gehilfen der letzten Jahre[11] die Besonderheit auf, dass die Angeklagte weder Teil der SS noch Wärterin gewesen war und auch keinen Rampendienst versehen hatte. Vielmehr unterschied sich ihre zivilrechtliche Anstellung als Stenotypistin jedenfalls auf dem Papier nicht wesentlich von ihrer früheren Anstellung als Stenotypistin in einer Bank. Daher stellte sich die Frage einer Begrenzung der Beihilfestrafbarkeit nach den vieldiskutierten[12] Grundsätzen der „berufstypischen“ oder „neutralen“ Handlungen. Diese sah der Senat aber weder objektiv noch subjektiv als erfüllt an: Objektiv belegten die Feststellungen des Landgerichts durchweg einen ausschließlich
deliktischen Sinnbezug der Tätigkeiten. Es war kein relevanter, abgrenzbar-legaler Teil der Tätigkeiten der Angeklagten erkennbar, der von den organisierten Massentötungen des Konzentrationslagers unabhängig und auch ohne Bezug zu diesen für die Haupttäter sinnvoll gewesen wäre (die möglicherweise erfolgte gelegentliche Bestellung von Gartenbedarf für den Lagerkommandanten fiel angesichts der beträchtlichen Gesamtarbeitszeit nicht ins Gewicht). Ebenso wusste die Angeklagte positiv von den innerhalb des Lagers begangenen Morden und ihrer Förderung dieser durch die Sekretariatsarbeit. Hierfür sprach neben dem Inhalt der Schriftstücke, durch die beispielsweise Zyklon B bestellt worden war, insbesondere das enge, persönliche Vertrauensverhältnis zum Lagerkommandanten, der Ausblick aus ihrem sich mitten im Konzentrationslager befindenden Büros sowie der täglich in der Luft liegende Geruch verbrannten Menschenfleischs. Daher stellte sich ihr Handeln im Gesamten nicht als „berufstypisch“, sondern als sozialinadäquat dar.
Der Senat lies letztlich die in der Literatur umstrittene Frage, ob „berufstypische“ Handlungen in einem organisierten Massenvernichtungslager überhaupt denkbar sind, offen.[13] Dies erscheint jedenfalls bei innerhalb eines Konzentrationslagers festangestellten Personen, die am Betrieb des Lagers „funktionell mitwirken“[14] und dabei nicht nur humanitäre Hilfe leisten,[15] schwer vorstellbar.[16]
IV. Dem Urteil lassen sich drei – an sich nicht neue, aber hier pointiert formulierte – Kriterien zur Bestimmung der Grenzen der Beihilfestrafbarkeit entnehmen:
1. Welche Rolle spielt das Handeln der (potenziellen) Gehilfen für das Funktionieren des Gesamtapparates und insbesondere für die Organisation der spezifisch begangenen Straftaten?
2. Gibt es einen abgrenzbaren Tätigkeitsbereich, der nicht mit diesen Straftaten im Zusammenhang steht (deliktischer Sinnbezug)?
3. Wurden auf subjektiver Tatsachenseite ausreichende Feststellungen dazu getroffen, dass (potenzielle) Gehilfen von den kriminellen Zielen der
Haupttäter und der Förderung dieser durch ihren eigenen Gehilfenbeitrag positiv wussten bzw. sich durch die Hilfeleistungen mit den Haupttätern solidarisierten?
Für die Bewertung dieser Kriterien sind die abstrakte Analyse der Struktur, die Offensichtlichkeit der begangenen Straftaten ebenso wie die Modalitäten der konkreten Tätigkeitsausübung durch (potenzielle) Gehilfen entscheidend.[17] Die wohl größte Bedeutung könnte dabei dem dritten, subjektiven Kriterium zukommen. Dieses hat in dem kurzen Zeitraum seit Veröffentlichung der hiesigen Entscheidungsgründe über die Beihilfe in staatlich organisierten Kriminalitätsstrukturen hinaus in der Rechtsprechung bereits auch im Bereich der Terrorismusfinanzierung,[18] der Wirtschaftskriminalität[19] oder der generellen Gewaltkriminalität[20] Bedeutung erlangt – wohlgemerkt stets strafbarkeitsbeschränkend.
V. Zusammenfassend stellt das hier besprochene Urteil einen auch zeitgeschichtlich bedeutsamen Beitrag zur Reichweite der Beihilfestrafbarkeit dar. Es stellt klar, dass die allgemeinen Beihilfegrundsätze im Rahmen staatlich organisierter Kriminalitätsstrukturen und sogar in Konzentrationslagern gelten, mit der Modifikation, dass die einzelnen Taten nicht isoliert, sondern im Gesamtkontext des Organisationsvorhabens zu betrachten sind. Unerheblich für die Bewertung der Beihilfe-strafbarkeit ist, ob eine Person formal fester Bestandteil der Struktur oder im Rahmen eines zivilrechtlichen Arbeitsverhältnisses angestellt ist. Unerheblich ist auch, ob ein staatlich organisiertes Tötungslager formal als Massenvernichtungslager eingestuft worden ist oder schlicht faktisch ein solches darstellt. Entscheidend sind vielmehr die Betrachtung der konkret verübten Tätigkeit innerhalb der Struktur sowie der individuelle Kenntnisstand bezüglich der konkret verübten Straftaten und der Förderung dieser durch den eigenen Gehilfenbeitrag. Hierbei kann zwar theoretisch auch eine Strafbarkeitsbegrenzung nach den Grundsätzen der „berufstypischen“ Handlungen in Betracht kommen. Dass deren Voraussetzungen bei Personen, die funktionell am Betrieb eines
Massenvernichtungslagers mitwirken, erfüllt sind, erscheint praktisch jedoch schwer vorstellbar.
Die (vermeintliche) Ausweitung der Beihilfestrafbarkeit im Rahmen von (staatlich) organisierten Kriminalitätsstrukturen auf sogenannte „low-level functionaries“[21] kann vor dem Hintergrund eines auf individuelle Verantwortlichkeit fokussierten Strafrechts kritisch gesehen werden. Staatlich organisierte Massenverbrechen lassen sich aber nicht ohne die systematische Einbeziehung eines Kollektivbezugs sinnvoll aufarbeiten. Die untergeordnete Rolle der Funktionäre sowie die individuellen Umstände, die ggf. ein Loslösen von diesem Kollektivbezug – jenseits der Grenzen eines Schuldausschlusses –[22] erschwert haben mögen, müssen auf Ebene der Strafzumessung Berücksichtigung finden.[23] Diese unterliegt jedoch nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung.
Die Autorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Habilitandin am Lehrstuhl für Strafrecht,
Rechtsphilosophie/Rechtstheorie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Kontakt: daria.bayer@jura.uni-halle.de.
[1] Zwar kann es im laufenden Verfahren gegen einen mutmaßlichen Wachmann im Konzentrationslager Sachsenhausen aufgrund von OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.10.2024 – 7 Ws 169/24 nun doch noch zur zunächst durch LG Hanau, Beschluss vom 6.5.2024 – 2 Ks 501 Js 33635/22 abgelehnten Eröffnung des Hauptverfahrens kommen. Angesichts des hohen Lebensalters des Angeklagten ist es aber unwahrscheinlich, dass es noch eine Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs geben wird. Gleiches gilt für die weiteren circa 14 (beck-aktuell vom 25.7.2024, https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/lg-hanau-verhandlungsunfaehig-prozess-kz-wachmann-sachsenhausen, zuletzt abgerufen am 15.4.2025) noch laufenden Ermittlungsverfahren gegen ehemaliges Lagerpersonal.
[2] BGH NStZ 2025, 31, 36 m.Anm. Kudlich/Schütz.
[3] Zu zeitgeschichtlichen Aspekten s. die Beiträge in Lüttig/Lehmann (Hrsg.), Die letzten NS-Verfahren, 2017; zum spezifischen Verfahren Özata/Bayer, Strafbar sind auch die, die den Massenmord ermöglichten, Zeit Online v. 20.8.2024, abrufbar unter: https://www.zeit.de/politik/2024-08/urteil-stutthof-prozess-bundesgerichtshof-irmgard-f-kz-sekretaerin, zuletzt abgerufen am 8.4.2025.
[4] Bis auf BGH NStZ 2025, 31 m.Anm. Kudlich/Schütz und Bayer/Özata,Die Grenzen der „Neutralität“: Zur Beihilfestrafbarkeit im KZ Stutthof und darüber hinaus, VerfBlog v. 28.8.2024, abrufbar unter: https://verfassungsblog.de/irmgard-f-kz-stutthof-bgh-beihilfe/, zuletzt abgerufen am 8.4.2025 (in Bezug auf die mündliche Urteilsbegründung).
[5] Vgl. BGH NStZ 2025, 31, 36 m.Anm. Kudlich/Schütz; hierauf konzentriert sich auch diese Besprechung. Zu den prozessualen Fragen in einem ähnlichen Verfahren s. Bayer HRRS 2024, 124, 128.
[6] S. Schreiben der Vorsitzenden an die Verfahrensbeteiligten vom 12.6.2024.
[7] Für eine eingehende Darstellung der umstrittenen Anforderungen an die Beihilfehandlung. Schünemann/Greco, in Leipziger Kommentar StGB, Bd. 2, 13. Aufl. 2021, § 27 Rn. 1 ff. m.w.N.
[8] Ambos, Internationales Strafrecht, 5. Aufl. 2018, § 7 Rn. 11; Bock ZIS 2017, 410, 427.
[9] S. BGH NJW 1969, 2056.
[10] S. BGH Beschluss vom 25.5.2012 – AK 14/12.
[11] LG München II, Urteil vom 12.5.2011 – 1 Ks 115 Js 12496/08; BGH, Beschluss vom 20.9.2016 – 3 StR 49/16; LG Hamburg, Urteil vom 23.7.2020 –617 Ks 10/19 jug.
[12] Etwa Petersen, Die „neutrale Handlung“ im Strafrecht, 2023; Rackow, Neutrale Handlungen als Problem des Strafrechts, 2007; Kudlich, Die Unterstützung fremder Straftaten durch berufsbedingtes Verhalten, 2004; Roxin, AT II, 2003, § 26 Rn. 218 ff.
[13] Überblick über den Meinungsstand bei Baun, Beihilfe zu NS-Gewaltverbrechen, 2019, 312 ff.
[14] Baun, 389 ff.
[15] Wie etwa Ärzte, die im Lager ausschließlich zur medizinischen Versorgung eingesetzt waren, Schmorl, Die Grenzen der Beihilfestrafbarkeit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 2022, 120 ff., 150 f. w.m.N. Allerdings sind in der Rechtsprechung keine solchen Fälle bekannt, Schmorl, 123; sie dienen vielmehr nur als hypothetisches Abgrenzungsbeispiel, s. BGH NJW 1969, 2056, 2057.
[16] Baun, 382 betont, dass dies möglich ist, nennt hierfür aber keine praktischen Beispiele, s. 389 ff.
[17] Vgl. zu diesen Kriterien auch (in Bezug auf die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme in wirtschaftlichen Organisationsstrukturen) Schmorl (Fn. 15), 98.
[18] BGH, Beschluss vom 31.10.2024 – StB 21/24, Rn. 56 ff; hier wird auch der objektive deliktische Sinnbezug verneint, BGH, Beschluss vom 31.10.2024 – StB 21/24, Rn. 55.
[19] LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 26.2.2025 – 12 KLs 501 Js 1658/21, Rn. 67 ff.
[20] BGH, Beschluss vom 5.11.2024 – 6 StR 258/24, Rn. 24 f.
[21] Drumbl, Atrocity, Punishment and International Law, 2007, 27.
[22] Das Landgericht hatte auf Schuldebene sowohl das Vorliegen von § 47 I 1 MilStGB, eines unvermeidbaren Verbotsirrtums nach § 17 S. 1 i.V.m. § 2 III StGB als auch eines Befehlsnotstands nach § 35 I StGB (bzw. §§ 52, 54 RStGB) verneint, LG Itzehoe, Urteil vom 20.12.2022 – 3 KLs 315 Js 15865/16 jug, juris Rn. 447 ff.
[23] Hier hatte das Landgericht neben der untergeordneten Tätigkeit der Angeklagten etwa die ideologische Erziehung und die alters- und rollenbedingte Beeinflussbarkeit der Angeklagten zum Tatzeitpunkt schuldmindernd berücksichtigt (LG Itzehoe, Urteil vom 20.12.2022 – 3 KLs 315 Js 15865/16 jug, juris Rn. 527). Zur Bedeutung der Strafzumessung als „rechtliche Abbildungsfläche für die Besonderheiten organisierter Kriminalität“ s. Hemmert-Halswick, Die strafrechtliche Beteiligung in Fällen organisierter Kriminalität, 2024, 237 ff., 254.