Willkür ist ein spannungsvoller und vielseitiger Begriff. Heute überwiegend negativ konnotiert, weist er historisch und systematisch ein weites Bedeutungsfeld auf, in dem sich erst spät pejorative Verwendungen durchsetzen, im Recht etwa als Willkürverbot zur Sicherung der Gleichheit. Über das Problem der Freiheit lässt sich zeigen, dass das Recht auf Willkür angewiesen ist. Strafrechtliche Schuldzurechnung und Strafzumessung sind ohne sie nicht möglich.
A. Willkür und Gleichheit
Wenn wir über Willkür im Recht sprechen ist wahrscheinlich der erste Anknüpfungspunkt das Willkürverbot, das dazu dient, den Gleichheitsgedanken zu verdeutlichen und zwar so, dass Willkür als Gegenspielerin der Gleichheit auftritt. Gleichheit ist das Rechtsprinzip schlechthin, weil sich ohne Bezug auf Gleichheit gar nicht bestimmen lässt, was Recht ist. Die „Konstruktion des Rechtsbegriffs“ ist nach Kant die Vorstellung einer Linie, die durch eine zweite Linie durchkreuzt wird „die sich nicht mehr nach einer Seite, als der anderen hinneigt und die den Raum von beiden Seiten gleich abteilt“[1].
Gleichheit ist für das Recht zentral, „das System im System“[2]. Wir wissen, sie hat eine materielle und eine formelle Dimension, die formelle
Seite betrifft die Gleichbehandlung. Vor dem Gesetz sind alle gleich (Art. 3 I GG) und das Recht ist für alle gleichermaßen verbindlich, so dass es keine Vorrechte und keine Vorzugsbehandlung geben darf. Das bedeutet, dass unterschiedliche Behandlungen begründungsbedürftig sind und zwar im Hinblick auf ein Kriterium, dem seinerseits ein Gleichheitsanspruch immanent ist, so dass es in allen vergleichbaren Fällen ebenfalls zur Anwendung kommt, damit eine gleichmäßige, gleichbehandelnde Rechtsanwendung gewährleistet ist. Das ist der Kern des Willkürverbots, wie es in der bekannten Formel für Art. 3 I GG Ausdruck findet: dass wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches nicht willkürlich gleich behandelt werden darf.[3]
Das Willkürverbot gilt nicht nur für die Rechtsanwendung, sondern bereits bei der Legitimation der legislativen Gewalt. Die Willkürfreiheit ist der erste Punkt, den John Locke in seiner Betrachtung der gesetzgebenden Gewalt hervorhebt. Danach ist, was diese höchste Gewalt (supreme power) vor allem ausmacht, dass sie frei von Willkür („not […] Arbitrary”[4]) sei. Für Locke ergibt sich dies aus der Begründung legislativer Gewalt als einer im wechselseitigen Einvernehmen übertragenen Befugnis, die Willkür nicht enthalten könne:
Aber wie kommt das? Warum haben wir keine Willkür über uns und andere? Weil der Zustand, in dem wir uns ursprünglich befinden und zueinander verhalten, kein Freibrief ist zu tun, was uns gefällt („it is not a State of License“[6]), sondern weil es ein Zustand „vollkommener Freiheit“ („a State of perfect Freedom“[7]) ist. Vollkommene Freiheit ist keine wilde Freiheit, sie ist nur möglich, wenn sie zugleich ein Zustand der Gleichheit ist[8]:
Locke erkennt, dass aus der ursprünglichen Gleichheit notwendig auch das Gebot der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung folgt.
Vor ihm hat Hobbes schon argumentiert, Gleichheit müsse selbst dann anerkannt werden, wenn wir von Natur aus ungleich wären, weil es nur unter dieser Voraussetzung vernünftig ist, in den Gesellschaftsvertrag einzutreten.[10] Dass es Privilegien, Vorzugsbehandlungen und Benachteiligungen gibt, ist damit unvereinbar. Hobbes hebt die Bedeutung dieses Prinzips für das Steuerrecht („Equall imposition of taxes“[11]) sowie für das Strafrecht hervor. Die Sicherheit des Gemeinwesens erfordere es,
Straflosigkeit bewirke Überheblichkeit und Überheblichkeit erzeuge Hass und den Willen, die Unterdrückung und Anmaßung zu beseitigen.[13] Die willkürliche Bestrafung ist nur gegen erklärte Feinde statthaft, so Hobbes, aber dann geht es nicht mehr um Strafen, sondern um feindselige Akte („acts of Hostility“[14]). Strafe muss gesetzlich geregelt sein, wo das nicht der Fall ist, gibt es keine Strafe, sondern nur „an arbitrary Punishment“[15].
Lässt sich der Begriff der Willkür im Recht zweifellos und naheliegend über den Gedanken des Willkürverbots und dieses über die Gedanken der Gleichheit und der Gleichbehandlung darstellen, will ich im Folgenden einen anderen Weg gehen. Ich will mich der Willkür nicht über die Gleichheit, sondern über die Freiheit nähern. Freiheit und Gleichheit,
haben wir bereits gesehen, sind nur scheinbar gegenläufige Prinzipien, im Wahrheit hängen sie eng miteinander zusammen[16]. Ich wähle den Weg über die Freiheit, weil der Begriff der Willkür dann über eine immanente Spannung erschlossen werden kann. Es ist nämlich so, dass Willkür einmal als Begriff für Freiheit und einmal als Begriff gegen die Freiheit verwendet werden kann. Willkür bedeutet Freiheit und Unfreiheit zugleich. Der Versuch, den Widerspruch aufzulösen, ist eine gute Methode zu verstehen, was es mit der Willkür auf sich hat.
Der gesamte Gang der Darstellung gestaltet sich wie folgt: Nach unserer einführenden Verständigung über den Zusammenhang von Willkür und Gleichheit (A.) will ich zunächst einige Hinweise aufgreifen, die sich aus der Betrachtung der Wortherkunft ergeben und den spannungsvollen Bedeutungsspielraum des Begriffs der Willkür erkennen lassen (B.). Danach will ich diesen Bedeutungsspielraum – Willkür zwischen Freiheit und Unfreiheit – in der Rekonstruktion einiger Überlegungen und Argumente von Kant und Hegel darstellen, die sich damit eingehend beschäftigt haben (C.). Auf der Basis dieser Rekonstruktionen möchte ich mich dann noch einmal der Frage nach der Willkür im Recht zuwenden und an den Problemen strafrechtlicher Schuldzurechnung und gerechter Strafzumessung verdeutlichen (D.). Damit ist der Begriff der Willkür längst nicht erschöpft, aber ich hoffe, dass es mir gelingt, zumindest einen wichtigen Ausschnitt seines Bedeutungshorizonts und seiner Verwendungsmöglichkeiten zu vermitteln. Abschließend fasse ich die wesentlichen Punkte noch einmal zusammen (E.).
B. Willkür im Wandel
Willkür ist ein sprachgeschichtlich jüngeres Kompositum, es ist vor dem 12. Jahrhundert nicht zu finden.[17] Zusammengesetzt ist es aus Wille und Kür, letztere eine Substantivbildung zu dem alten Verb kiesen, das heute nicht mehr im Gebrauch und kaum noch bekannt ist, anders als das heute noch gebräuchliche – wahrscheinlich aus der Substantivierung hervorgegangene – küren, in dem sich die ursprünglich nicht vorherrschende, aber dann im Lauf der Zeit dominant werdende Bedeutung des
Erwählens oder Wählens durchgesetzt hat, auch im Zusammenhang mit rechtlichen und politischen Vorgängen.[18] Das Substantiv Kur oder Kür ist älter und hat ein reichhaltiges Bedeutungsfeld, bis sich im Neuhochdeutschen die Wahl als einzige Bedeutung durchsetzt.[19] Der entscheidende Bedeutungswandel kam von Verschiebungen vom Sinnlichen ins Geistige, bereits im Mittelhochdeutschen wird Kür im Sinne von Überlegung und Erwägung verwendet, später dann verlegt sich die Bedeutung mehr auf die Entscheidung oder den Beschluss, die aus der Erwägung hervorgehen, auch im institutionellen Sinne der Bestellung eines Schiedsrichters oder zur Bezeichnung des Schiedsgerichts selbst.[20] Der Begriff kann eine individuelle oder kollektive Beschlussfassung bezeichnen, als kollektiver Begriff spielt er früh im Kommunalrecht und in den Kommunalverfassungen eine zentrale Rolle, interessanterweise – aber für unseren Zusammenhang nicht von Belang – auch im Zusammenhang mit dem Erheben von Geldbußen (Festsetzen von Kuren).[21]
Für unsere Diskussion relevant ist die Entwicklung von Abschätzung, Überlegung, deliberatio zu Auswahl, Entscheidung und Beschluss. Interessant ist hierbei vor allem die allmähliche Loslösung vom deliberativen Element, die sich im Begriff der freien Kür, des freien Entschlusses als „recht der selbstbestimmung“ auf die semantische Linie begibt, die zu unserer heutigen Willkür führt, einer „entschluszfreiheit aus eignem willen“.[22] Die Grundbedeutung von Willkür ist „freie wahl oder entschlieszung“[23], wobei überlegungs-, abwägungs- und gemeinschaftsbezogene Elemente im Lauf der Zeit immer mehr in den Hintergrund treten. Im Deutschen Wörterbuch heißt es, Willkür habe im älteren Sprachgebrauch sich noch vielfach mit dem älteren Wort Kür gedeckt, doch habe es sich „in der neueren sprache […] fühlbar nach der schlechten Seite verschoben und damit die alten verwendungen fast ganz eingebüszt“[24].
Dieser negative, pejorative Sinn ist uns heute durchaus sehr vertraut, sowohl im Alltag als auch im Recht. Das oben behandelte Willkürverbot ist der beste Beleg für die „schlechte Seite“ der Willkür, in dem sich der
Ausdruck – ganz entgegen seiner langen Verbindung mit dem deliberativen Element – auf eine Entscheidung bezieht, die ohne vernünftigen, in der Sache liegenden oder sonst einsehbaren Grund erfolgt. So vollzieht sich im modernen Bedeutungswandel des Worts eine Abstraktion der Entscheidung von ihrer Begründung, die Willkür steht jetzt gerade für eine Entscheidung, die ohne Grund oder als nicht begründbar erscheint. Warum hat es diesen Bedeutungswandel gegeben? Wir können nur spekulieren, in den sprachgeschichtlichen Untersuchungen finden sich dazu kaum Anhaltspunkte. Das ist nicht verwunderlich, denn die Sprachentwicklung folgt keinem zugrundeliegenden Plan. Vielleicht hat sogar der Sprachgebrauch in der Philosophie zu dem Bedeutungswandel beigetragen. Immerhin verweist das Deutsche Wörterbuch auch auf im 19. Jahrhundert sich herausbildende Verwendungsweisen, bezieht sich auf Fichte, Schopenhauer und Kant.[25] Es ist durchaus vorstellbar, dass in diesen Verwendungen sich nicht nur Veränderungen des allgemeinen Sprachgebrauchs spiegeln, sondern dass sie ihrerseits dazu beigetragen haben, dass sich ein bestimmtes Verständnis des Begriffs der Willkür als vorherrschendes Verständnis herausgebildet hat, jenes Verständnis, wonach mit Willkür etwas Zweifelhaftes gemeint ist, eine Form der Freiheit zwar, aber eine dubiose, weil sie sich nicht als vernünftige Freiheit darstellt und deswegen womöglich auch nicht mit der Freiheit der anderen kompatibel ist. Wenn Willkür heißt, dass ich tue, was ich will, dann ist der anti-soziale Charakter dieser Form der Selbstbestimmung offenkundig.
Andererseits drohen zu starke Vernünftigkeitsanforderungen, insbesondere solche, die aus dem Gesichtspunkt gemeinschaftlicher Interessen hergeleitet werden, auch ein Moment zu beinhalten, das das Freiheitsmoment wieder gefährdet. Das Vernünftige ist auch das Notwendige, was theoretisch vernünftig ist, muss zwangsläufig gedacht, was praktisch vernünftig ist, unbedingt getan werden – und damit stellt sich Frage, wo bei solchen Vernunftnotwendigkeiten noch der Platz für Freiheit ist. Womöglich drängt sich sogar die Vermutung auf, die Freiheit müsste irgendwie auch darin zu suchen sein, dass unvernünftig gedacht und gehandelt werden kann. Da es gegen die besseren Gründe keine noch besseren gibt, müsste man annehmen, dass im Unbegründeten das wahre Moment der Freiheit liegt, in der Willkür also. Ist Willkür das Gegenteil
von vollkommener Freiheit (Locke), könnte man sie als unvollkommene Freiheit ansprechen und darin liegt vielleicht auch die Möglichkeit, das klassische Problem der Akrasia (der Willensschwäche oder Unbeherrschtheit[26]) aufzulösen, indem wir sagen, dass die Verantwortlichkeit immer nur aus unvollkommener Freiheit begründet werden kann. Die Unvollkommenheit könnte die wahre Vollkommenheit der Freiheit sein.
Auch wenn Willkür heute ganz überwiegend negativ konnotiert ist, ist in ihrem Begriff, vorwiegend über ältere Sprachgebräuche, doch eine ganze Menge an positivem (oder auch neutralem) Bedeutungsgehalt gespeichert, wie die semantische Kartographie des Ausdrucks im Deutschen Wörterbuch eindrucksvoll belegt. So etwa im Bereich ästhetischer Produktion, wo sich Kreativität und Innovation gerade gegen zu strenge Regelbindung durchsetzen müssen und damit ein Moment der Willkür brauchen.[27] Oder im Bereich vertraglicher Bindung, für die es, nach Kants Analyse, nur darauf ankommt, dass sich Willkür auf Willkür bezieht und nicht auf die Materie der Willkür, nicht auf die Wünsche und Bedürfnisse der Vertragschließenden.[28] Ohne diese wechselseitige Willkür wäre Vertragsfreiheit nicht möglich, was wahrscheinlich, bei aller begründeten Kritik an zu viel unregulierter Privatautonomie, kein wünschenswerter Zustand wäre. Deswegen greift ein positiver Begriff der Willkür auch über das Privatrechtsverhältnis in die öffentliche Sphäre hinein, historisch etwa zur Begründung der Autonomie der Städte („städtische willkür“) gegenüber der landesherrlichen Gewalt („willkür bricht landrecht“).[29] Dieses Autonomieprinzip lässt sich freilich auch gegen das Stadtrecht und am Ende gegen alles Recht wenden, wie die Formel „willekor bricht alle recht“ verdeutlicht, auf die das Deutsche Wörterbuch mit mehreren Belegen verweist und mit der Erläuterung versieht, dass „der spruch […] für den heutigen sprachgebrauch unverständlich [ist], so dass wir geneigt wären, ihn in sein gegentheil zu verkehren“[30] – mit anderen Worten: dass nicht die Willkür alles Recht, sondern das Recht alle Willkür bricht.
Hier sehen wir den Umschlagpunkt zur negativen Lesart, zum „neue[n] gebrauch […] mit tadelndem sinn“[31], in dem die Willkür als Gegenprinzip zum Prinzip des Rechts begriffen wird, als „das gesetzlos-individuelle, principienlose unmethodische wollen und handeln“, wie das Deutsche Wörterbuch aus Rudolf Eislers Wörterbuch der Philosophie zitiert[32], der Umschlagpunkt von der positiv konnotierten Selbstbestimmung zur negativ konnotierten Eigenmächtigkeit, Unstetigkeit, und Unberechenbarkeit. Willkür steht hier für „einseitige Subjektivität“, für die „willkür des subjectiven“, zitiert das Deutsche Wörterbuch Hegel[33], der hier vielleicht eine der interessantesten Referenzen ist, weil er das Prinzip der Subjektivität zwar einerseits als destruktives Prinzip beschrieben, es aber andererseits auch als notwendiges Entwicklungsmoment, als Prinzip der Moderne begriffen hat, das nur um den Preis einer kollektiven Regression und eines Rückfalls in vormoderne Sozialverhältnisse zurückgenommen werden kann.
Die Betrachtung der Herkunft und Entwicklung eines Wortes ist immer lehrreich, im Falle der Willkür enthält sie im Hinblick auf die semantische Ambivalenz fast schon eine Theorie. Auch wenn sie bestimmten Vorstellungen von Vollkommenheit und Vernünftigkeit, von Vorurteilsfreiheit und Objektivität widerspricht, liegt gerade in diesem Widerspruch zu den geordneten Verhältnissen das Notwendige und Vernünftige der Willkür. Willkür ist nicht „Unwillkür“[34], das Willkürliche nicht das Unwillkürliche, das tatsächlich nur Reflex und unvernünftig ist. Durch ein einfaches Willkürverbot werden wir die Willkür nicht los, sie ist nicht einfach nur das Gegenprinzip zum Recht, sondern ein maßgebliches Prinzip des Rechts selbst, der Grund einer rechtlich verfassten Ordnung, die neben dem Gedanken der Gleichheit auch den der Freiheit braucht. Wir müssen diesen Zusammenhang von Freiheit und Willkür noch etwas vertiefen.
C. Willkür und Freiheit
Kant will zeigen, dass wir in unserem Handeln nicht nur von Lust oder Unlust gesteuert werden. Nicht stets nämlich, argumentiert er, geht die
Lust unserem Begehren voraus, ist also nicht immer die Ursache unseres Begehrens, „sondern kann auch als Wirkung desselben angesehen werden“[35]. Durch das Begehren wird das Feld des Praktischen von einem Bereich der Erfahrung abgegrenzt, die lustvoll sein kann, ohne mit einem Begehren verbunden zu sein. Kant spricht von kontemplativer Lust und vom Geschmack, um diese Art der Erfahrung zu charakterisieren und kann dadurch das Feld des Praktischen genauer charakterisieren als eines, in dem die Lust notwendig mit dem Begehren verbunden ist.[36] Dieser Zusammenhang von Lust und Begehren lässt sich wiederum im Hinblick auf zwei Möglichkeiten unterscheiden: Die Lust kann zum einen das Begehren bestimmen, sie geht in diesem Fall dem Begehren notwendigerweise voraus und wird, indem sie eine Verbindung mit dem Begehren eingeht, zur „Begierde“ oder – als „habituelle Begierde“, wie Kant sagt – zur „Neigung“.[37] Zum anderen gibt es die Möglichkeit, dass das Begehren durch etwas bestimmt wird, bevor die Lust ins Spiel kommt, so dass diese der Bestimmung des Begehrens „nur […] folgen kann“[38]. Diesen Bestimmungsgrund jenseits von Begierde und Neigung nennt Kant „Vernunftinteresse“[39].
In dieser begrifflichen Komposition arbeitet Kant – ein bisschen zumindest – mit einem Trick, denn im Begriff des Interesses ist schon jene motivationale Dynamik enthalten, die in der begrifflich auf sich alleine gestellten Vernunft fehlt. Kant arbeitet noch mit weiteren Tricks. Er weiß, die Vorstellung, dass die Vernunft ohne weiteres und aus sich selbst heraus zur Handlung bestimmt, ist nicht einfach einzulösen. So schreibt er, auch wenn Vernunftinteresse und Neigung nicht vermengt werden dürften, „so können wir doch, um dem Sprachgebrauche gefällig zu sein […], ein habituelles Begehren aus reinem Vernunftinteresse einräumen“[40]. Kant räumt damit ein, dass wir im normalen Sprachgebrauch das Problem der motivationalen Vernunft nicht haben. Es ist für uns ganz natürlich zu sagen, dass wir etwas getan haben, weil uns die Vernunft dazu gebracht hat. Das Problem, wie man die Lust aus der Vernunft heraushält, lässt sich eben nicht dadurch lösen, dass man genau darauf achtet,
ob vor der Entscheidung für eine bestimmte Handlung schon Lust im Spiel ist oder nicht. Das Problem könnte also konstruiert sein.
Der größte Trick von Kant ist aber, dass er die motivationale, die praktische Vernunft kurzerhand selbst als Wille bezeichnet. „Der Wille ist“, erklärt er unverblümt, „die praktische Vernunft selbst“[41]. Um diesen Kunstgriff hinzubekommen, muss Kant allerdings zwei Formen des Willens unterscheiden. Und dafür braucht er die Willkür. Er braucht sie, um seine Version praktischer Vernunft als wahren Willen in Szene setzen zu können. Beide Willensbegriffe, Willkür und Wille, entwickelt Kant aus einer Analyse des Begehrungsvermögens: Begehren kann „mit dem Bewusstsein des Vermögens seiner Handlung zur Hervorbringung verbunden“[42] sein – so bestimmt Kant die Willkür und grenzt sie damit vom bloßen Wunsch ab. Ist die Willkür als Begehren das Vermögen, „nach Belieben zu tun oder zu lassen“[43], muss der Wille, wenn er etwas anderes als die Willkür sein soll, auf etwas anderes bezogen sein. Nach Kants Analyse stellt sich das Verhältnis von Willkür und Wille wie folgt dar:
Ist die Willkür also der Bestimmungsgrund der Handlung, ist der Wille als Bestimmungsgrund der Willkür zu begreifen. Dass er keinen weiteren Bestimmungsgrund hat, liegt daran, dass er nicht inhaltlich bestimmt ist, sondern möglichen Bestimmungen die Form vorgibt. Der Bestimmungsgrund der Willkür ist nichts anderes als die Form des kategorischen Imperativs. Kant: „Von dem Willen gehen die Gesetze aus; von der Willkür die Maximen.“[45]
Was bedeutet die Unterscheidung von Wille und Willkür im Hinblick auf die Frage der Freiheit? Kant sagt über die Willkür, sie sei „im Menschen eine freie Willkür“[46]. Und im Hinblick auf den Willen sagt er, da er nicht auf Handlungen, sondern auf die Willkür zur Handlung gerichtet sei,
könne er „weder frei noch unfrei genannt werden“[47]. Und er bekräftigt: „Nur die Willkür kann also frei genannt werden.“[48] Ist das wahr? Ist es überzeugend? Worin besteht denn die Freiheit der Willkür? Kant räumt ein, dass sie „nicht durch das Vermögen der Wahl, für oder wider das Gesetz zu handeln […], definiert werden [kann] – wie es wohl einige versucht haben“[49]. Das ist uns gerade im Strafrecht sehr vertraut, dass der Vorwurf der Schuld sich daran festmachen soll, dass sich die Täter:in für das Unrecht entschieden hat, obwohl sie sich für das Recht hätte entscheiden können.[50] Warum soll das kein taugliches Kriterium sein? Folgt diese Freiheit nicht aus der Möglichkeit, etwas tun oder lassen zu können, wie es Kant ausgedrückt hat?
Nein, sagt Kant, so kann die Freiheit nicht begriffen werden. Und sie kann auch nicht auf eine andere Weise begriffen werden, weil Freiheit theoretisch undarstellbar ist.[51] Deswegen, so Kant,
Kant spielt hier auf das Problem der Akrasia (Willensschwäche) an, von dem er zu verstehen gibt, dass es nicht zu lösen ist. Aber können wir denn, wenn wir schon die Willkürfreiheit nicht begreifen können, nicht wenigstens die Freiheit im Hinblick auf den Willen retten, das Bestimmungsvermögen zur Willkür? Nein, sagt Kant, der Wille ist nicht Freiheit, sondern er ist ein Vermögen, wer über dieses Vermögen nicht verfügt, ist weder frei noch unfrei, sondern unvermögend: „Die Freiheit, in Beziehung auf die innere Gesetzgebung der Vernunft, ist eigentlich allein ein Vermögen; die Möglichkeit von dieser abzuweichen, ein Unvermögen.“[53] Damit steht aber auch die Möglichkeit, jemanden für dieses Unvermögen verantwortlich zu machen, durchaus in Frage. Wir könnten eine Person weder für ihre abweichenden Handlungen noch für ihren abweichenden Willen verantwortlich machen. Die Möglichkeit der Strafe schiede damit
aus. Der einzige Ausweg ist, so Kant, dass man in die Erklärung Elemente hineinbringt „wie sie die Erfahrung lehrt“, aber das ergebe „eine Bastarderklärung […], welche den Begriff im falschen Lichte darstellt“[54]. Nun, möchte man meinen, besser eine Bastarderklärung als gar keine Erklärung. Und vielleicht ist der abschätzige Ton, der im Begriff der Bastarderklärung steckt, auch gänzlich unangebracht. Vielleicht können wir in der Freiheitsfrage überhaupt nur durch (um einen von Kant selbst verwendeten Terminus aufzugreifen) „hybride Begriffsbestimmungen“ weiterkommen.
Hegel hält die Freiheitsfrage schon für falsch gestellt. Wenn er sagt, dass der Boden des Rechts die Freiheit ist[55], hat er einen ganz anderen Freiheitsbegriff im Sinn. Der wahre Begriff der Freiheit könnte in der herkömmlichen Diskussion über Willensfreiheit oder in der Unterscheidung zwischen Handlungs- und Willensfreiheit verdeckt sein. Schon die Vorstellung eines Willens als solchen könnte verfehlt sein, weil sie die Existenz einer Entität suggeriert, die man dann durch empirische Psychologie oder andere Arten der Beweisführung verifizieren will.[56] Und da dies nicht gelingt, so Hegel weiter, sucht man die Lösung in der Annahme einer denknotwendigen Fiktion. Der Fehler liegt darin, dass man überhaupt vom freien Willen spricht, denn, so Hegel lakonisch, „[w]enn man […] nur vom freien Willen als solchem spricht, […] so spricht man […] eben damit […] nicht vom freien Willen“[57].
Hegel greift Kants Unterscheidung von Willkür und Wille auf und stellt fest, dass Willkür, die Freiheit, zu tun, was man will, nur aus einem „gänzlichen Mangel an Bildung“[58] für Freiheit genommen werden könne. „Faselei der Willkür“, sagt er verächtlich, „Zufälliges – kann sein, auch nicht sein“, notiert er, ersichtlich auf der Linie des „neue[n] gebrauch[s]“[59], nämlich der abwertenden Vorstellung eines beliebigen subjektiven Wollens, das schnell in einen Widerspruch zu den objektiven, kollektiven und institutionellen Ordnungen gerät. Ist der Staat, die Verfassung, verwirklichte Freiheit, kann Willkür in diesem geordneten
System nur als Ausdruck der Unfreiheit erscheinen. Für Hegel ist die Willkür nicht (wirklich) frei, das unterscheidet ihn von Kant, der meinte, die Willkür sei frei, aber man könne nicht verstehen, warum. Und doch spricht Hegel von der Willkür auch als der „Mitte der Reflexion“[60] zwischen Trieb und Vernunft und schreibt ihr damit eine Bedeutung zu. Aber welche? Hegel gibt einen Hinweis, wenn er feststellt:
D. Willkür im Recht
Für das Recht, das nicht so viel theoretisieren kann wie die Philosophie, stellt sich die Frage, wie es mit diesem Widerspruch (wenn es einer ist) umgehen soll. Ist er tatsächlich Ausdruck von Unfreiheit, dann führt dies womöglich auch zum Ausschluss der Verantwortlichkeit, entsprechend Kants Ansicht, dass die mangelnde Fähigkeit, einen vernünftigen Willen zu bilden, ein Unvermögen ist. Wie kann man eine Person für etwas verantwortlich machen, was sie nicht vermag? Der einzige Weg könnte sein, dass man den Unfähigen vorwirft, nichts für die Ausbildung dieser Fähigkeit getan zu haben. Hier bewegen wir uns aber – jedenfalls im Strafrecht – auf abschüssigem Terrain, denn wir verlassen den Boden, der unserer Zurechnung eine feste und bestimmte Grundlage gibt, nämlich die Tat, die als Handlung interpretiert und als solche zur Verantwortung zugerechnet werden kann.[62]
Wenn wir in Abkehr von der Willkür als einem maßgeblichen Zurechnungsprinzip die mangelnde Ausbildung von Fähigkeiten zum Gegenstand des Vorwurfs machen, verändert sich unser Zurechnungskonzept von Grund auf, es wird aristotelisch. Wir entfernen uns von der Handlung und fragen, welcher Art von Handlung sich eine Person hätte befleißigen sollen, um jene persönliche Verfassung auszubilden, die es ausschließt, dass man auf einmal (überraschenderweise) anders handelt. Einem solchen Zurechnungskonzept, mag es in ethischen oder alltäglichen Kontexten auch durchaus verwendet werden, um jemanden verantwortlich zu machen, ist im Recht mit großer Zurückhaltung zu begegnen. Vor
allem im Strafrecht gibt es gute Gründe, an einem Konzept von Verantwortung festzuhalten, in dem der willkürliche Entschluss zur Handlung der zentrale Anknüpfungspunkt bleibt. Damit hält das Strafrecht gewissermaßen die „Mitte der Reflexion“ (Hegel) zwischen unverantwortlicher Lebensführung[63] und unwillkürlichem Verhalten, die aus der Zurechnung herausfallen. In der willkürlichen Tat, dem individuellen abweichenden Handlungsentwurf liegt der Widerspruch gegen die normative Ordnung, dem um der Integrität dieser Ordnung willen jedenfalls in den Fällen, in denen die Abweichung kollektiv nicht akzeptiert wird, widersprochen werden muss, auch wenn der Widersprechende zum Widerspruch getrieben wurde und deswegen womöglich eine nachsichtigere Behandlung verdient.
Was aber ist der Maßstab dieser gerechten Behandlung? Woran bemisst sich die Gerechtigkeit der rechtlichen Reaktion, für den Fall der strafrechtlichen Reaktion, die Gerechtigkeit der Strafe? Auch hier geraten wir mit einer gewissen Zwangsläufigkeit zum Problem der Willkür. Die richtige Bemessung der Strafe kann sogar als besonders anschauliches Beispiel dienen. Es ist bekannt, dass gerade die Strafzumessung, mit der ihr immanenten Spannung zwischen der formellen Allgemeinheit des Gesetzes und der Individualisierungsbedürftigkeit der Schuld ein heikles Feld ist, in dem der Vorwurf willkürlicher Behandlung schnell erhoben wird.
Das Problem besteht darin, wie etwas Allgemeines (das Gesetz) und etwas Einzelnes (der einzelne Fall) bruchlos zusammengebracht werden können, wie der Einzelfall als Anwendungsfall des Gesetzes zu begreifen ist, wo er doch nicht vorher schon im Gesetz enthalten gewesen sein kann.[64] In der juristischen Methodenlehre hat man versucht, die Anwendung des Gesetzes als logischen Vorgang oder als logisches Verhältnis begreiflich zu machen („Subsumtion“). Als logisches Verhältnis ist sie an sich relativ leicht zu begreifen. Erforderlich ist nur ihre Rekonstruktion anhand eines Modells vom deduktiven Schließen. Aber wie verhält es sich mit der Rechtsanwendung als einem Vorgang? Handelt es sich hier überhaupt um etwas, das mit Logik zu tun hat?
Die bekannteste Lösung dieses Problems ist die auf Karl Engisch zurückgehende Formel vom Hin- und Herwandern des Blickes.[65] Was das Bild zum Ausdruck bringen soll, ist, dass die Bedeutung des Gesetzes und die Signifikanz des Sachverhalts in einem Prozess wechselseitiger Anpassung sich einander wechselseitig bestimmen, so dass, was das Gesetz bedeutet, durch den Einzelfall (mit)bestimmt wird und umgekehrt.[66] Engisch war übrigens nicht der erste, der sich dieses Bildes bediente, bereits Hegel hat zu Beschreibung des Problems der Rechtsanwendung vom „Hin und Hergehen“[67] zwischen Gesetz und Einzelfall gesprochen. Die Beschreibung enthält allerdings keine Anweisung, wie oft das Hin und Her stattfinden soll. Es bleibt unklar, wann es abgebrochen werden darf, ohne den Abbruch dem Vorwurf der Willkür auszusetzen. Hegel beschreibt das Problem wie folgt:
Tatsächlich lässt sich die Frage, wann eine Entscheidung zureichend begründet ist, nicht dadurch beantworten, dass man eine bestimmte Anzahl von operativen Schritten angibt. Die Methode bleibt also in einem wesentlichen Punkt unbestimmt.[69]
Hegel verwendet noch ein anderes Bild, um die Problematik zu verdeutlichen: Die Anwendung des Gesetzes auf den Einzelfall lässt sich so veranschaulichen, dass es eine Zuspitzung des Allgemeinen geben muss derart, dass die Spitze den Einzelfall berührt. Aber wie soll eine solche Zuspitzung oder Berührung nicht nur als metaphorische Annäherung, sondern in methodisch kontrollierter Weise denkbar sein? Die Wahrheit ist, dass es eine solche Anweisung zur Rechtsanwendung nicht geben
kann, der Vorgang lässt sich, so Hegel, „nicht vernünftig bestimmen“[70]. Dabei verdeutlicht er die Unmöglichkeit am Problem der gerechten Strafzumessung:
Dass Strafzumessung notwendig ungerecht, weil am Ende willkürlich ist, ist natürlich eine Stilisierung, die dazu anregen soll, darüber nachzudenken, wie es sich in Wahrheit verhält. In der Notwendigkeit der Willkür liegt ein vernünftiges Moment oder anders gesagt, das Nicht-Rationalisierbare, „Dezisionistische“ juristischer Entscheidungen[72] ist ihnen als praktische Vernünftigkeit immanent und deswegen auch institutionell erlaubt durch Ermächtigung der Richter:innen zu einer zugleich gebundenen wie unabhängigen Einzelfallentscheidung. Es gibt also im System des Rechts – dieser großangelegten Veranstaltung zur Willkürvermeidung – ein systemimmanentes, systemnotwendiges Moment der Willkür, ohne das es nicht funktionieren kann[73]:
Keine Entscheidung ohne ein Moment der Willkür. Das ist notwendig so und muss nicht dramatisiert werden. Es sollte auch nicht (ein häufiger Fehler) nach der Modellvorstellung einer Approximation begriffen
werden. Es geht bei Entscheidungen im Recht (das macht ihren autoritativen Charakter aus) um Gerechtigkeit und nicht um Annäherungen an die Gerechtigkeit. Sie kann verfehlt werden, aber genau deswegen ist es erforderlich, Entscheidungen nicht als Annäherung an die Gerechtigkeit zu konzipieren, weil es dann schwierig wird zu sagen, worin oder warum sie verfehlt wird. Wir brauchen, um Gerechtigkeit herzustellen, notwendigerweise ein Moment der Willkür, sonst ist Gerechtigkeit nicht möglich.
E. Zusammenfassung
Willkür ist, innerhalb wie außerhalb des Rechts, ein spannungsvoller und vielseitiger Begriff. Er ist heute überwiegend negativ konnotiert, weist aber, vor allem wenn man historische Verwendungszusammenhänge und die Sprachgeschichte einbezieht, ein weites Bedeutungsfeld auf, in dem sich erst verhältnismäßig spät pejorative Verwendungen durchsetzen, aber auch zahlreiche positive und neutrale Verwendungen finden lassen. Die Zuspitzung des negativen Verständnisses findet sich im Recht als Willkürverbot zur Sicherung von Gleichheit und Gleichbehandlung. Ein differenzierter Zugang lässt sich auch heute noch über das Problem der Freiheit herstellen. Kant hat gezeigt, dass dieses Problem nicht zu lösen, Freiheit mithin weder als Handlungsfreiheit noch als Willensfreiheit darstellbar ist. Nur die Willkür, meint Kant, ist frei, nicht der Wille, aber wir können es nicht begreifen. Für Hegel ist die Freiheitsfrage in dieser bis heute vertrauten Weise falsch gestellt. Die Annahme der Willkürfreiheit weist er zurück, vielmehr sei Willkür der Widerspruch zur Freiheit und zum Recht – das sie damit allerdings auch ermöglicht. Lässt sich das System des Rechts wesentlich über das Verbot der Willkür begreifen, ist es doch eine normative Ordnung, die, wie auch die Gerechtigkeit, unverzichtbar auf Willkür angewiesen ist. Im Strafrecht lässt sich dieser Zusammenhang sowohl bei der Frage nach dem Grund der Schuldzurechnung wie auch am Problem gerechter Strafzumessung verdeutlichen.
Der Verfasser ist Inhaber des Lehrstuhls für Rechtsphilosophie und Strafrecht an der Universität Hamburg.
[1] Kant, Die Metaphysik der Sitten [1797], Werkausgabe Bd. VIII, hrsg. v. W. Weischedel, 18. Aufl. 2017, S. 340.
[2] Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, 1995, S. 112.
[3] BVerfGE 4, 144 (155). Dabei liegt Willkür vor, „wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund […] nicht finden lässt“, BVerfGE 1, 14, Leitsatz.
[4] Locke, The Second Treatise of Government/Über die Regierung [1689], 2012, S. 216 (Chapter XI, Sect. 135).
[5] Locke (Fn. 4), S. 218 (Chapter XI, Sect. 135).
[6] Locke (Fn. 4), S. 12 (Chapter II, Sect. 6).
[7] Locke (Fn. 4), S. 10 (Chapter II, Sect. 4).
[8] Natürlich ist diese Vorstellung vom Naturzustand eine Modellvorstellung.
[9] Locke (Fn. 4), S. 10 (Chapter II, Sect. 4).
[10] Hobbes, Leviathan [1651], 2013, S. 316 (Part I, Chapter XV).
[11] Hobbes, (Fn. 10), S. 728 (Part II, Chapter XXX), Hobbes konkretisiert die steuerrechtliche Gleichheit übrigens bereits modern – progressiv – nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip.
[12] Hobbes (Fn. 10), S. 726 (Part II, Chapter XXX).
[13] Hobbes (Fn. 10), S. 728 (Part II, Chapter XXX).
[14] Hobbes (Fn. 10), S. 660 (Part II, Chapter XXVIII).
[15] Hobbes (Fn. 10), S. 658 (Part II, Chapter XXVIII).
[16] Vgl. auch Kant (Fn. 1), S. 345 f.: „Die angeborne Gleichheit […] lieg[t] schon im Prinzip der angebornen Freiheit“ (Herv. im Orig. weggelassen).
[17] Grimm/Grimm, Deutsches Wörterbuch, Nachdr. der Erstausgabe 1960, Bd. 30 = Bd. XIV, II (Originalzählung), bearb. v. Sütterlin u. d. Arbeitsstellen d. Dt. Wörterbuches zu Berlin und Göttingen, 1999, 204.
[18] Grimm/Grimm, Deutsches Wörterbuch, Nachdr. der Erstausgabe 1873, Bd. 11 = Bd. V (Originalzählung), bearb. v. Hildebrand, 1999, 2803 f.
[19] Grimm/Grimm (Fn. 18), 2784.
[20] Grimm/Grimm (Fn. 18), 2785 f.
[21] Grimm/Grimm (Fn. 18), 2786 f.
[22] Grimm/Grimm (Fn. 18), 2786.
[23] Grimm/Grimm (Fn. 17), 205.
[24] Grimm/Grimm (Fn. 17), 205.
[25] Grimm/Grimm (Fn. 17), 206.
[26] Besonders instruktiv dazu Davidson, How is Weakness of the Will Possible?, in ders. Essays on Actions and Events, 1980, 21–42.
[27] Grimm/Grimm (Fn. 17), 206.
[28] Kant (Fn. 1), S. 337.
[29] Grimm/Grimm (Fn. 17), 209.
[30] Grimm/Grimm (Fn. 17), 210.
[31] Grimm/Grimm (Fn. 17), 210.
[32] Grimm/Grimm (Fn. 17), 210.
[33] Grimm/Grimm (Fn. 17), 210.
[34] Grimm/Grimm, Deutsches Wörterbuch, Nachdr. der Erstausgabe 1936, Bd. 24 = Bd. XI, III (Originalzählung), bearb. v. Euling, 1999, 140 f.
[35] Kant (Fn. 1), S. 315.
[36] Kant (Fn. 1), S. 316.
[37] Kant (Fn. 1), S. 316.
[38] Kant (Fn. 1), S. 316.
[39] Kant (Fn. 1), S. 316.
[40] Kant (Fn. 1), S. 317.
[41] Kant (Fn. 1), S. 317.
[42] Kant (Fn. 1), S. 317.
[43] Kant (Fn. 1), S. 317 (im Orig. hervorgehoben).
[44] Kant (Fn. 1), S. 317.
[45] Kant (Fn. 1), S. 332.
[46] Kant (Fn. 1), S. 332.
[47] Kant (Fn. 1), S. 332.
[48] Kant (Fn. 1), S. 332.
[49] Kant (Fn. 1), S. 332 f.
[50] BGHSt 2, 194, 200.
[51] Kant (Fn. 1), S. 333.
[52] Kant (Fn. 1), S. 333.
[53] Kant (Fn. 1), S. 333.
[54] Kant (Fn. 1), S. 333.
[55] Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts [1820], Werke 7, hrsg. v. Moldenhauer/Michel, 14. Aufl. 2015, S. 46 (§ 4).
[56] Hegel (Fn. 55), S. 48 (§ 4). Diese Kritik ist später systematisch entwickelt in Ryle, The Concept of Mind, 1949.
[57] Hegel, (Fn. 55), S. 74 (§ 22).
[58] Hegel (Fn. 55), S. 66 (§ 15).
[59] Grimm/Grimm (Fn. 17), 210.
[60] Hegel (Fn. 55), S. 66 (§ 15).
[61] Hegel (Fn. 55), S. 66 (§ 15).
[62] Zur Geschichte und zur Bedeutung der Abgrenzung von Tat- und Täterstrafrecht Roxin/Greco, Strafrecht AT I, 5. Aufl. 2020, § 6.
[63] Grundlegend zum Konzept der Lebensführungsschuld Mezger ZStW 57 (1938), 675, 688 ff.
[64] Diese Frage stellt sich für die Tatbestandsseite wie auch für die Rechtsfolgenseite der Norm, weil „Tatbestand und Rechtsfolge […] wechselseitig aufeinander bezogen sind“ (BVerfGE 25, 269, 286). Die Rechtsfolgenseite kommuniziert den Spielraum der Anwendung lediglich offener, insbesondere durch die Technik der Strafrahmen (BVerfGE 105, 135, 153). Das ändert nichts daran, dass Strafzumessung als rechtlicher Vorgang „einem klaren […] Schema folgen muss“, Meier, Strafrechtliche Sanktionen, 5. Aufl. 2015, S. 166.
[65] Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 2. Aufl. 1960, S. 15.
[66] Sabine Müller-Mall spricht von „oszillierender Interpretation“, Müller-Mall, Verfassende Urteile. Eine Theorie des Rechts, 2023, S. 156 ff. Die Formel vom Hin- und Herwandern, argumentiert sie, greife zu kurz: „Nicht allein der Blick wandert, auch die Gegenstände der Deutung“ (S. 160).
[67] Hegel (Fn. 55), S. 366 (§ 214).
[68] Hegel (Fn. 55), S. 366 (§ 214).
[69] Das Problem ist verwandt mit dem in der Wissenschaftstheorie diskutierten Induktionsproblem, vgl. Popper, Logik der Forschung, 4. Aufl. 1971, S. 3 ff., 35; Popper zufolge entsteht es durch das Postulat der „Vollentscheidbarkeit“ und lässt sich durch Zulassung von „Teilentscheidbarkeiten“ auflösen (S. 17).
[70] Hegel (Fn. 55), S. 366 (§ 214).
[71] Hegel (Fn. 55), S. 366 f. (§ 214).
[72] Meier zufolge enthält die Strafzumessung „eine gewisse, letztlich nicht auflösbare Form der Irrationalität“, Meier (Fn. 64). Kein Schema kann sie auflösen, auch der Syllogismus nicht (vgl. ebd.), weil seine Rationalität nur formal ist (nur Darstellung, nicht Herstellung der Entscheidung).
[73] Freilich muss es auf irgendeine Weise abgesichert werden, vor allem durch Sanktionierung von Formen des Missbrauchs, wie etwa durch den Tatbestand der Rechtsbeugung, § 339 StGB.
[74] Hegel (Fn. 55), S. 367 (§ 214).