BVerfG, Urteil vom 31.10.2023 – 2 BvR 900/22

Reference: NSW 2024, 319-326
DOI: 10.61039/29427509-2024-24

A. Sachverhalt

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Fragen, ob die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens zuungunsten eines rechtskräftig Freigesprochenen aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel mit Art. 103 III GG vereinbar und ob die neue Regelung rückwirkend anwendbar ist. Nach § 362 Nr. 5 StPO, eingeführt im Dezember 2021 durch das „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“, durfte ein Strafverfahren gegen einen rechtskräftig Freigesprochenen wiederaufgenommen werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die allein oder in Verbindung mit früher erhobenen Beweisen dringende Gründe dafür bilden, dass der freigesprochene Angeklagte wegen Mordes oder bestimmter Völkerstraftaten verurteilt wird. Der Beschwerdeführer wurde mit seit dem 21.5.1983 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Stade vom 13.5.1983 vom Vorwurf der Vergewaltigung und des Mordes freigesprochen. Nach Einführung des § 362 Nr. 5 StPO stellte die zuständige Staatsanwaltschaft im Februar 2022 beim Landgericht Verden einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens nach dieser Vorschrift und auf Erlass eines Haftbefehls. Das Landgericht erklärte den Wiederaufnahmeantrag für zulässig und ordnete Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer an. Die hiergegen gerichtete Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht Celle. Mit seiner unmittelbar gegen die Beschlüsse

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des Oberlandesgerichts und des Landgerichts sowie mittelbar gegen § 362 Nr. 5 StPO gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 103 III GG sowie aus Art. 2 I in Verbindung mit Art. 20 III GG. Auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Senat den Vollzug des Haftbefehls des Landgerichts ausgesetzt. Das BVerfG hat entschieden, dass § 362 Nr. 5 StPO mit Art. 103 III GG, auch in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 III GG), unvereinbar und nichtig ist. Die Ausgangsentscheidungen des OLG und LG wurden aufgehoben. Zwei Richter haben eine teilweise abweichende Meinung beigefügt.

B. Aus den Gründen

1. Das grundrechtsgleiche Recht des Art. 103 III GG enthält kein bloßes Mehrfachbestrafungsverbot, sondern ein Mehrfachverfolgungsverbot, das Verurteilte wie Freigesprochene gleichermaßen schützt.

2. Es entfaltet seine Wirkung auch gegenüber dem Gesetzgeber, wenn dieser die gesetzlichen Voraussetzungen für eine erneute Strafverfolgung durch die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens schafft.

3. Das in Art. 103 III GG statuierte Mehrfachverfolgungsverbot trifft eine Vorrangentscheidung zugunsten der Rechtssicherheit gegenüber der materialen Gerechtigkeit. Diese Vorrangentscheidung steht einer Relativierung des Verbots durch Abwägung mit anderen Rechtsgütern von Verfassungsrang nicht offen, sodass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Wiederaufnahmerechts insoweit kein Gestaltungsspielraum zukommt.

4. Art. 103 III GG umfasst nur eine eng umgrenzte Einzelausprägung des Vertrauensschutzes in rechtskräftige Entscheidungen. Er schützt den Einzelnen allein vor erneuter Strafverfolgung aufgrund der allgemeinen Strafgesetze, wenn wegen derselben Tat bereits durch ein deutsches Gericht ein rechtskräftiges Strafurteil ergangen ist.

5. Im Rahmen dieses begrenzten Schutzgehalts verbietet Art. 103 III GG die Wiederaufnahme von Strafverfahren zum Nachteil des Grundrechtsträgers nicht generell, jedenfalls aber die Wiederaufnahme aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel.

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6. Freigesprochene dürfen darauf vertrauen, dass die Rechtskraft des Freispruchs nur aufgrund der zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft geltenden Rechtslage durchbrochen werden kann. Der Grundsatz ne bis in idem erkennt die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in ein freisprechendes Strafurteil an und Art. 103 III GG verleiht diesem Vertrauensschutz Verfassungsrang.

Die vollständigen Entscheidungsgründe finden sich hier oder in NJW 2023, 3698.

C. Würdigung von Carsten Kusche

Die vorliegende, für das Wiederaufnahmerecht höchst bedeutsame Entscheidung kann im hier gegebenen Rahmen nur skizzenhaft gewürdigt werden.[1] Wichtigste Erkenntnis dürfte sein, dass sie etwaigen künftigen gesetzgeberischen Korrekturversuchen bei der Regelung der Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten (allein) aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel weitestgehend einen Riegel vorschiebt. Darüber hinaus erscheint das Urteil auch bedeutsam, weil es die Diskussionen um die Berechtigung der überkommenen Wiederaufnahmegründe des § 362 Nrn. 1-4 StPO entgegen der erkennbaren Zielsetzung des Gerichts eher befeuern als beenden dürfte.

Die Entscheidung bietet wohl weniger im Ergebnis als in ihrer Begründung Anlass für Kritik. Das Gericht stellt die Weichen in Richtung Verfassungswidrigkeit des § 362 Nr. 5 StPO durch Postulation einer – terminologisch nicht stets eindeutig in die Grundrechtsdogmatik eingeordneten[2] – „Abwägungsfestigkeit“ des Mehrfachverfolgungsverbots aus Art. 103 III GG gegenüber anderen Gütern von Verfassungsrang.

Nur bedingt überzeugend ist etwa das zugunsten der Abwägungsfestigkeit vorgebrachte systematische Argument, dass das Mehrfachverfolgungsverbot in Art. 103 III GG mit eigenständigem, verstärktem Gehalt

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gesondert normiert ist, obwohl es sich bereits aus dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Vertrauensschutz herleiten lässt.[3] Zum einen ist die Ausgestaltung des Grundgesetzes in Gänze geprägt durch Konkretisierungen des in Art. 20 III GG nur äußerst schemenhaft skizzierten Rechtsstaatsprinzips.[4] Zum anderen steht nicht in Zweifel, dass Art. 103 III GG im Bereich strafgerichtlicher Urteile besonderen Vertrauensschutz gewährt. Das bedeutet indes nicht, dass dieser absolut ist. Es erscheint als zirkelschlüssig, wenn es heißt, dass „dieser weiterreichende Schutz [des Art. 103 III GG darauf] beruht […], dass ihm unbedingter Vorrang gegenüber den grundsätzlich berechtigten Korrekturinteressen zukommt, die der Gesetzgeber ansonsten wie in anderen Sachbereichen [auch] berücksichtigen könnte“.[5] Das Gericht setzt hier voraus, was zu beweisen wäre – nämlich, dass die gesonderte Normierung des Vertrauensschutzes in Art. 103 III GG nicht nur eine relative, sondern absolute Stärkung der Rechtssicherheit nach sich zieht.

Diese Kritik lässt sich wohl auch gegen die teleologische Argumentation des Gerichts vorbringen. Der Schutzzweck der Schaffung von Rechtssicherheit für den Einzelnen verlangt sicherlich in aller Regel Unantastbarkeit der Rechtskraft. Wenn indes Uneinschränkbarkeit des Vertrauensschutzes damit begründet wird, dass bei etwaiger „Abwägung zwischen Rechtssicherheit und staatlichem Strafanspruch […] Art. 103 III GG selbst das Vertrauen des Angeklagten in den Bestand des in seiner Sache ergangenen Strafurteils […] nicht begründen“ könne,[6] wird erneut nicht dargelegt, warum, sondern vorausgesetzt, dass das Mehrfachverfolgungsverbot immer Rechtssicherheit begründen müsse.[7]

Der problematischste Argumentationsstrang dürfte in der „Abschirmung“[8] der Absolutheitsthese gegenüber dem naheliegenden Einwand liegen, dass die vom Verfassungsgesetzgeber akzeptierte Existenz der Wiederaufnahmegründe des § 362 Nrn. 1-4 StPO gerade die Einschränkbarkeit des grundrechtsgleichen Rechts offenbare.[9] Zumindest in

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Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Art. 103 III GG[10] ist dem BVerfG zufolge die Zielsetzung der Wiederaufnahmevorschrift entscheidend, die nicht primär in der inhaltlichen Ergebniskorrektur liegen dürfe.[11] Es lässt sich wohl etwa angesichts § 370 I Alt. 2 StPO, nach dem ein Wiederaufnahmeantrag unbegründet ist, wenn ausgeschlossen ist, dass eine in § 362 Nrn. 1, 2 StPO bezeichnete Handlung Einfluss auf die Entscheidung hatte, schon daran zweifeln, dass das geltende Recht nicht eben auch maßgeblich auf die Korrektur des Ergebnisses, sondern zuvorderst auf die Wiederholung eines (bei Nrn. 1-3: schwer fehlerbehafteten[12]) Verfahrens gerichtet sei.[13] Vor allem aber ist fraglich, warum eine nicht primär auf Ergebniskorrektur gerichtete Zielsetzung – grundrechtsdogmatisch womöglich als „Schutzbereichsverengung“[14] einzuordnen – bewirken soll, dass eine Wiederaufnahmevorschrift an Art. 103 III GG schon gar nicht zu messen ist.[15] Wenn „Zweck des grundrechtsgleichen Schutzes […] die Zusicherung [ist], dass jeder wegen derselben Tat diesen Belastungen [eines Strafverfahrens] nur einmal ausgesetzt sein soll“,[16] Art. 103 III GG also die „Einmaligkeit der Strafverfolgung“ verbürge, leuchtet kaum ein, dass dieser Schutzzweck nicht beeinträchtigt sein soll, wenn etwa nach § 362 Nr. 1 StPO (irgend-)eine zugunsten des Angeklagten wirkende Urkunde unecht war.[17] Mit einem Mangel an Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf die Einmaligkeit der Strafverfolgung ließe sich das jedenfalls nicht abtun, muss doch die Ursache des „Verfahrensmangels“ in den Fällen der Nrn. 1-3 nicht aus der Sphäre des Angeklagten stammen. Nicht zuletzt mit Blick auf die § 362 Nrn. 1-4 StPO erscheint

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nach alledem die These fragwürdig, dass der in Art. 103 III GG normierte Vorrang der Rechtssicherheit per se keine Ausnahme dulde.[18]

Mit einer etwaigen Abwägungsoffenheit des Art. 103 III GG ginge indes gewiss nicht zwingend auch die Verfassungsmäßigkeit des § 362 Nr. 5 StPO einher. Zum einen ist ein Verstoß gegen den Kernbereich des durch Art. 103 III GG gewährten Grundrechtsschutzes durch „bloße Fortsetzung der Wahrheitssuche“[19] diskutabel. Denn dass bei seit jeher denkbarem Auftauchen neuer (Tatsachen oder) Beweismittel eine Verfahrenswiederaufnahme ausgeschlossen ist, ist nicht bloße Nebenfolge, sondern dürfte „gerade Hauptzweck der materiellen Rechtskraft“[20] sein.[21] Zum anderen stellte jedenfalls die Verhältnismäßigkeitsprüfung für § 362 Nr. 5 StPO in seiner konkreten Fassung eine hohe Hürde dar.[22] Die Intensität des Eingriffs – von dem übrigens nicht nur im zuvor abgeschlossenen Verfahren des Mordes Beschuldigte betroffen sein können[23] – in die individuelle Rechtssicherheit ist sehr hoch, etwa, weil ihr gerade beim Vorwurf schwerer Straftaten Bedeutung zukommt und bei den erfassten Katalogtaten auch die Verjährung die Gefahr endloser Strafverfolgung nicht bannt.[24] Darüber hinaus entfaltet das Erfordernis neuer Tatsachen oder Beweismittel nur bedingt einschränkende Wirkung, da bereits eine neue Zeugenaussage die Wiederaufnahme begründen könnte (wenn sie denn als glaubhaft erscheint).[25] Insofern ist die Annahme der Verfassungswidrigkeit von § 362 Nr. 5 StPO im Ergebnis nachvollziehbar.

Mit Blick in die Zukunft ist zunächst zu konstatieren, dass die Konstruktion einer primär vom Zweck der Wiederaufnahmevorschrift abhängigen Abwägungsfestigkeit des Art. 103 III GG zu einer weitgehenden Immuni-

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sierung des grundrechtsgleichen Rechts gegen gesetzgeberische Korrekturversuche führen dürfte, soweit sie allein auf die „Herstellung materieller Gerechtigkeit“ gerichtet sind und nur auf die Veränderung der Beweislage abstellen.[26] Denkbar wären „halbe Sachen“, die „qualifizierte Nova“ verlangten, also die Veränderung der Beweislage etwa mit einer Beeinträchtigung der Justizförmigkeit des Urteils[27] verbinden und damit beanspruchen könnten, wie Nrn. 1-4 nicht in erster Linie auf die Korrektur des inhaltlichen Ergebnisses gerichtet zu sein. Strafrechtspolitisch dürfte es als positiver Nebeneffekt der Entscheidung zu werten sein, dass sie die Sonderstellung des Mordtatbestands nicht perpetuiert und somit einer Reform der Tötungsdelikte keine weiteren Steine in den Weg legt.[28]

Das Urteil dürfte im Übrigen die Diskussion womöglich gar um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit, jedenfalls aber die Sinnhaftigkeit des Katalogs der Wiederaufnahmegründe zumindest des § 362 Nrn. 1-3 StPO eher befördern als beenden.[29] Deren Vereinbarkeit mit „allgemeinen verfassungsrechtlichen Vorgaben“, also etwa dem allgemeinen Vertrauensschutz nach Art. 2 I i.V.m. 20 III GG, hat das Gericht offen gelassen.[30] Misst man die mit § 362 Nrn. 1-3 StPO verbundene Beeinträchtigung der Rechtssicherheit an den Art. 2 I i.V.m. 20 III GG, ist in Hinblick auf die – wenn auch praktisch meist zahnlose – Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen, dass die nach § 362 Nrn. 1-3 StPO zur Wiederaufnahme berechtigenden „Verfahrensmängel“ entgegen der Rhetorik des Gerichts[31] nicht außergewöhnlich schwer wiegen müssen.[32] Anders als in Nr. 5 vorgesehen, müssen nämlich nicht etwa „dringende Gründe“ dafür sprechen, dass der Verfahrensmangel Einfluss auf die Entscheidung hatte. Das mag gegen eine primäre Ausrichtung des geltenden Rechts auf die Korrektur des Ergebnisses sprechen, weckt aber zugleich Zweifel am rechtstaatlichen Gewicht des Verfahrensmangels. Die These von der besonders intensiven Beeinträchtigung der Justizförmigkeit der Entscheidungsfindung als Legitimation der geltenden Wiederaufnahmegründe

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erscheint auch insoweit angreifbar, als zahlreiche, nicht zur Wiederaufnahme berechtigende Verfahrensverstöße denkbar sind, die ggf. sogar schwerer wiegen dürften als die in § 362 StPO normierten.[33] Hinzu tritt, dass der etwaige Verfahrensverstoß auch nicht vom Angeklagten bewirkt sein muss und eine Wiederaufnahme selbst bei bereits ergangener (milderer) Verurteilung und jedweder Straftat denkbar ist.[34] Wenn diese doch erhebliche Beeinträchtigung der Rechtssicherheit zugunsten der Behebung zumindest als austauschbar erscheinender Verfahrensfehler zulässig ist, (mit guten Gründen) nicht aber die Wiederaufnahme eines Mordverfahrens aufgrund erdrückender Beweismittel, verbleibt ein Störgefühl,[35] dem indes nach dem vorliegenden Urteil wohl allenfalls „am anderen Ende“ – also durch restriktivere Ausgestaltung des § 362 StPO – Rechnung getragen werden könnte.


Der Verfasser ist Juniorprofessor für Strafrecht an der Universität Mannheim.

[1] Gänzlich außen vor bleiben müssen etwa die mit § 362 Nr. 5 StPO verbundene Rückwirkungsproblematik (dazu Gerson StV 2022, 124) oder die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 50 EU-GrCh, kann doch etwa § 211 StGB im Einzelfall der Durchsetzung von Unionsrecht dienen.

[2] Der Duktus des Gerichts suggeriert weitestgehend, dass ein Eingriff in den Schutzbereich des Mehrfachverfolgungsverbots nicht gerechtfertigt werden könne. Eine Wiederaufnahme soll andererseits „im Rahmen [des] begrenzten Schutzgehalts“ doch „nicht generell“ verboten sein, was die Möglichkeit einer Rechtfertigung nahelegt; s. dazu etwa schon die in BVerfG NJW 2023, 3698 abgedruckten Leitsätze; Unklarheit sehen auch Gärditz JZ 2024, 96, 98; Stuckenberg StV 2024, 14, 15.

[3] BVerfG NJW 2023, 3698, 3702, Rn. 82 ff.

[4] Aufzählung spezifischer Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips bei Sachs GG, 9. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 77.

[5] BVerfG NJW 2023, 3698, 3702, Rn. 83.

[6] BVerfG NJW 2023, 3698, 3703, Rn. 88.

[7] Stuckenberg StV 2024, 14, 15. Zu denkbaren Zweifeln auch am Rechtsfrieden als Argument für Absolutheit s. das Minderheitenvotum, NJW 2023, 3698, 3715.

[8] Begrifflichkeit nach Kudlich/Göken NJW 2023, 3683, 3685.

[9] Grünewald JZ 2024, 101, 103.

[10] Die Vereinbarkeit des § 362 Nrn. 1-4 StPO mit den „allgemeinen verfassungsrechtlichen Vorgaben“, also etwa dem allgemeinen Vertrauensschutz nach Art. 2 I i.V.m. 20 III GG, hat das Gericht offen gelassen; dazu sogleich.

[11] BVerfG NJW 2023, 3698, 3706, Rn. 117 ff.

[12] Mit Mitsch KriPoZ 2024, 498, 499 muss man zumindest in den Fällen der Nrn. 1 und 2 nicht zwingend von Verfahrensfehlern sprechen, da hier ein Fehlverhalten des Gerichts nicht vorliegen muss. Eindeutig kein Verfahrensfehler liegt bei Nr. 4 vor.

[13] Minderheitenvotum, NJW 2023, 3698, 3713; Bohn ZfIStw 2024, 58, 60 f.; Stuckenberg StV 2024, 14, 16; der Senatsmehrheit zustimmend aus der nach dem Urteil ergangenen Literatur Grünewald JZ 2024, 101, 103.

[14] Dazu im Allgemeinen Kahl DER STAAT 2004, 167; Volkmann JZ 2005, 262, 265 f. m.w.N.; zur terminologischen Unschärfe der Rhetorik des Gerichts s. bereits Fn. 2.

[15] In diese Richtung wohl auch Kudlich/Göken NJW 2023, 3683, 3685.

[16] BVerfG NJW 2023, 3698, 3700, Rn. 69.

[17] Gärditz JZ 2024, 2024, 96, 98.

[18] So (zumindest i.E.) etwa auch das Minderheitenvotum, NJW 2023, 3698, 3712 ff.; Kaspar GA 2022, 21, 27; Kubiciel GA 2021, 380 f.

[19] Stuckenberg StV 2024, 14, 16.

[20] Arbeitskreis Alternativ-Entwurf Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des § 362 Nr. 5 StPO, S. 1 ff., 12, 17.

[21] Für einen Kernbereichsverstoß etwa Kaspar GA 2022, 21, 29; Pohlreich HRRS 2023, 140, 150.

[22] Kaspar GA 2022, 21, 30 ff.

[23] Beispiel bei Pohlreich HRRS 2023, 140, 149: Weil ausweislich des Wortlauts des § 362 Nr. 5 StPO nicht bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ein Mord im Raum gestanden haben muss, könnte eine Wiederaufnahme auch Angeklagten drohen, die z.B. vom Vorwurf einer fahrlässigen Tötung freigesprochen wurden, wenn nun neue Tatsachen oder Beweismittel einen Mordverdacht begründen.

[24] Bohn ZfIStw 2024, 58, 62; Pohlreich HRRS 2023, 140, 155; Priebernig HRRS 2023, 156, 160; Stuckenberg StV 2024, 14, 17.

[25] Priebernig HRRS 2023, 156, 161.

[26] In diese Richtung auch Kudlich/Göken NJW 2023, 3683, 3686; nicht näher bestimmte „Schlupflöcher“ sieht Mitsch KriPoZ 2024, 498, 501; ein denkbares wird sogleich dargestellt.

[27] Dazu, dass § 362 Nrn. 1-4 StPO nicht zwingend einen Verfahrensfehler voraussetzen, s. Fn. 12.

[28] Bung HRRS 2022, 109, 112; Grünewald JZ 2024, 101, 104; Mitsch KriPoZ 2024, 498, 501.

[29] Kritisch zum Normbestand etwa auch Hoven JZ 2021, 1154, 1162; Mitsch KriPoZ 2024, 498, 499.

[30] BVerfG NJW 2023, 3698, 3706, Rn. 118.

[31] BVerfG NJW 2023, 3698, 3707, Rn. 121: „Ein Urteil mit einem solch schwerwiegenden Mangel verfehlt die Anforderungen an ein justizförmiges, rechtsgeleitetes Verfahren“.

[32] So auch das Minderheitenvotum, NJW 2023, 3712, 3714; Kudlich/Göken NJW 2023, 3683, 3684.

[33] Beispiele bei Mitsch KriPoZ 2024, 498, 499.

[34] Hoven JZ 2021, 1154, 1162

[35] Beispiel bei Hörnle GA 2022, 184, 188; dagegen Jäger JA 2024, 76, 78.